Auf dieser Seite finden sie unsere Informationen zum Jahreswechsel
MANDANTENRUNDSCHREIBEN 2024/2025
Die Information ist in drei Teile unterteilt:
· A. Informationen für Arbeitnehmer und Steuerzahler
· B. Informationen für Unternehmer, Freiberufler, Arbeitgeber
· C. Informationen rund um Kapitalgesellschaften
Die zur Verfügung gestellten Informationen können naturgemäß weder allumfassend noch auf die speziellen Bedürfnisse eines bestimmten Einzelfalls zugeschnitten sein. Sie begründen keine Beratung und keine andere Form rechtsverbindlicher Auskünfte. Neben gesetzlichen Änderungen sind die Rechtsprechung u. a. des Bundesfinanzhofs (BFH), die neuesten Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) und auch Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu berücksichtigen. Im Zeitablauf treten Änderungen bei Steuergesetzen, Verwaltungsanweisungen, der Interpretation dieser Rechtsquellen sowie in der Rechtsprechung ein. Derartige Änderungen können die Gültigkeit der Aussagen beeinflussen.
Wir übernehmen keine Gewährleistung oder Garantie für Richtigkeit oder Vollständigkeit der Inhalte dieses Rundschreibens sowie für ein Tun oder Unterlassen, das Sie allein auf Informationen dieses Rundschreibens gestützt haben. Dies gilt auch dann, wenn diese Informationen ungenau oder unrichtig gewesen sein sollten.
Das Rundschreiben hat den Bearbeitungsstand vom 1. November 2024. Im Zeitpunkt der Fertigstellung ist durch die neue politische Lage nicht klar, was abschließend durch Bundestag und Bundesrat beraten und beschlossen wird. Inwiefern sich daraus bis zum Jahresende noch steuerliche Änderungen bzw. steuerlicher Anpassungsbedarf ergibt, vermag noch nicht eingeschätzt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Präsident Christian Rech
Steuerberaterverband Rheinland-Pfalz e.V.
A. INFORMATIONEN FÜR ARBEITNEHMER UND STEUERZAHLER
1. Neuerungen zu Steuererklärungsfristen
2. Belegvorhaltepflicht bei der Einkommensteuer
3. Kindergeld / Kinderfreibetrag
5. Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
6. Zahlungen der Krankenkassen als Beitragsrückerstattung
7. Außergewöhnliche Belastungen
9. Haushaltsnahe Dienstleistungen und Beschäftigungsverhältnisse
11. Zweitwohnsitzsteuer bei doppelter Haushaltsführung
12. Verbilligte Überlassung einer Wohnung
13. Privates Veräußerungsgeschäft nach Teilung eines (Wohn-)Grundstücks
14. Ertragsteuerliche Behandlung von digital agierenden Steuerpflichtigen (Influencern)
16. Verlustverrechnungsbeschränkung bei Termingeschäften
17. Die Besteuerung von Kryptowährungen im Privatvermögen
18. Grundfreibetrag / Unterhaltshöchstbetrag / NV-Bescheinigung
19. Antrag auf Günstigerprüfung nach der Änderung eines Grundlagenbescheids
20. Grunderwerbsteuersätze zum 01.01.2025
21. Geplante Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht
22. Folgen des MoPeG für die Grunderwerbsteuer
23. Leistungen Dritter als grunderwerbsteuerliche Gegenleistung
B. INFORMATIONEN FÜR UNTERNEHMER, FREIBERUFLER, ARBEITGEBER
1. Corona-Wirtschaftshilfen: Schlussabrechnung – Fristen
2. Ertragsteuerliche Behandlung der Coronahilfen
3. Gesetzlicher Mindestlohn 2025
4. Lohnfortzahlung bei Krankheit, Urlaub und an Feiertagen
5. Steuerliche Behandlung von Sachzuwendungen
6. Betriebsveranstaltungen, kein höherer Freibetrag ab 01.01.2024
7. Bewirtungen von Arbeitnehmern
8. Künstlersozialabgabe-Verordnung
9. Voraussichtliche Rechengrößen der Sozialversicherung ab 2025
10. Geringfügige Beschäftigung (Rechtsstand ab 01.01.2025)
11. Midijob (Rechtsstand ab 01.01.2025)
12. Phantomlohnfalle bei Betriebsprüfungen der Deutschen Rentenversicherung
13. Inflationsausgleichsprämie
14. Rentenversicherungsfreiheit für Rentner auf freiwilliger Basis
15. Wegfall der Fünftelregelung
16. Verpflegungsmehraufwand ab 01.01.2024 bleibt unverändert
17. Förderung dienstlicher Elektro- und Hybridfahrzeuge
23. Abgabefristen für die Umsatzsteuererklärung
24. Prüfung von USt-ID-Nummern bei innergemeinschaftlichen Lieferungen
25. Geplante Änderungen bei der Umsatzsteuer für 2025
26. Begünstigungstransfer bei der Erbschaftsteuer
27. Behaltensfrist für die Erbschaftsteuerfreiheit von selbst genutztem Wohneigentum
29. Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft als Schenkung
30. Nichtigkeit eines Schenkungsteuerbescheids
31. Besteuerung eines betagten Vermächtnisses im Falle einer Jastrowschen Klausel
C. INFORMATIONEN RUND UM KAPITALGESELLSCHAFTEN
1. Größenklassen – Neuregelung – Nachhaltigkeitsberichterstattung
2. Offenlegung des Jahresabschlusses
3. Hinterlegung für Kleinstunternehmen
4. Die E-Bilanz – der Jahresabschluss 2023 ist elektronisch zu übermitteln
5. Digitaler Finanzbericht und Rückkanal
6. Corona, Ukraine-Krieg – Folgen für die Rechnungslegung
7. Steuerliche Behandlung inkongruenter Gewinnausschüttungen
8. Voraussetzungen für den Ansatz einer Pensionsrückstellung
10. Einführung eines vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahrens
11. Meldepflichten zum Transparenzregister
A. INFORMATIONEN FÜR ARBEITNEHMER UND STEUERZAHLER
1. Neuerungen zu Steuererklärungsfristen
Die steuerlichen Erklärungsfristen bleiben für weitere Jahre verlängert. Derzeit schlägt der Deutsche Steuerberaterverband e. V. der Politik vor, die Fristen für die Veranlagungen ab 2023 weniger stark zu verkürzen, da der Arbeitsrückstand bei Steuerberatern und Finanzverwaltung durch vielfältige Zusatzaufgaben und eine angespannte Personalsituation weiterhin erheblich ist. Ergebnisse standen bei Redaktionsschluss noch nicht fest.
Ablauf der Steuererklärungsfristen 2022 bis 2025
Nicht beratene steuerpflichtige Personen generell (in Klammern: beratene steuerpflichtige Personen) nach Besteuerungszeiträumen:
2022: 02. Oktober 2023 (31. Juli 2024)
2023: 02. September 2024 (02. Juni 2025)
2024: 31. Juli 2025 (30. April 2026)
2025: 31. Juli 2026 (01. März 2027)
Nicht beratene Land- und Forstwirte (in Klammern: beratene Land- und Forstwirte) nach Besteuerungszeiträumen:
2022: 02. April 2024 (31. Dezember 2024)
2023: 28. Februar 2025 (31. Oktober 2025)
2024: 02. Februar 2026 (30. September 2026)
2025: 01. Februar 2027 (02. August 2027)
Verlängerung der zinsfreien Karenzzeiten
Der Zinslauf der Verzinsung von Steuernachforderungen nach § 233a (Vollverzinsung) beginnt allgemein 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (allgemeiner Zinslauf). Der Zinslauf beginnt davon abweichend für den Besteuerungszeitraum:
2022: 01. September 2024
2023: 01. Juli 2025
2024: 01. Juni 2026
Für die Einkommen- und Körperschaftsteuer beginnt der Zinslauf regulär erst 23 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist, wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung den anderen Einkünften überwiegen (besonderer Zinslauf). Der Zinslauf beginnt davon abweichend für den Besteuerungszeitraum:
2021: 01. Juni 2024
2022: 01. Mai 2025
2023: 01. März 2026
2024: 01. Februar 2027
Vor Fristende können Vorabanforderungen bei beratenen steuerpflichtigen Personen erfolgen.
Beispiel:
Verspätete Abgabe im Vorjahr. Nach einer Vorabanforderung wird die Erklärungsfrist auf 4 Monate verkürzt. Von diesem Instrument macht die Finanzverwaltung seit 2019 im Rahmen von Kataloggründen Gebrauch: verspätete Abgabe/Nichtabgabe im vorangegangenen Besteuerungszeitraum, nachträgliche Vorauszahlungen für den vorangegangenen Besteuerungszeitraum, herabgesetzte Vorauszahlungen außerhalb einer Veranlagung sowie hohe Abschlusszahlung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum. Das Gesetz sieht in einem späteren Schritt auch die Vorabanforderung durch automationsgestützte Zufallsauswahl sowie die Einführung eines Kontingentierungsverfahrens vor. In Rheinland-Pfalz sollen die beiden Letztgenannten derzeit nicht zur Anwendung kommen.
Fristüberschreitung bedeutet automatisch Verspätungszuschlag. Dieser beträgt für jeden angefangenen Monat 0,25 % der um die Vorauszahlungen und die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge verminderten Steuer. Der monatliche Mindestverspätungszuschlag beträgt EUR 25,00. Es gibt eine Ermessensfestsetzung, wenn das Finanzamt eine Steuer auf EUR 0,00 oder eine Steuererstattung festsetzt.
Diese einzigen Rückausnahmen sind: Fristverlängerung nach § 109 AO, festgesetzte Steuer EUR 0,00, festgesetzte Steuer geringer als Vorauszahlungen zzgl. Steuerabzugsbeträge. Eine Fristverlängerung ist nur noch auf Ausnahmefälle beschränkt.
Vollautomationsgestützte Veranlagung
Die Finanzbehörden können Steuerfestsetzungen ausschließlich automationsgestützt erlassen, ändern oder aufheben. Anlässe für die Einzelfallbearbeitung durch einen Amtsträger bestehen z. B., wenn das Risikomanagementsystem den Steuerfall ausgesteuert hat, da im „qualifizierten Freitextfeld“ abweichende Angaben zu Drittdaten eingetragen wurden, oder wenn die steuerpflichtige Person dokumentiert von der Verwaltungsmeinung abweicht.
2. Belegvorhaltepflicht bei der Einkommensteuer
Durch die zunehmende Digitalisierung hat der Gesetzgeber eine Belegvorhaltepflicht ab dem Veranlagungszeitraum 2017 bei der Einkommensteuer eingeführt. Belege sollen danach durch die steuerpflichtige Person nicht mehr direkt mit eingereicht werden, sondern fallbezogen risikoorientiert durch das Finanzamt angefordert werden. Im Jahr 2025 soll bundesweit RABE (Referenzierung auf Belege) eingeführt werden. Sofern dann Beleganforderungen erforderlich sind, kann dies auch automationsgestützt erfolgen, wenn die Belege mit der Einkommensteuererklärung in den entsprechenden Belegfeldern verknüpft sind – z. B. DATEV „Meine Steuern“. Mit DIVA II wird die Finanzverwaltung demnächst auch elektronisch zu Belegnachforderungen kommunizieren und anfordern.
Eine Vorlagepflicht besteht weiterhin z. B. bei Gewinnanteilen i. S. d. § 3 Nr. 40 EStG (Teileinkünfteverfahren) oder § 8b KStG. Sofern mit einer risikoorientierten Beleganforderung zu rechnen ist (z. B. einmalige hohe Erhaltungsaufwendungen bei Vermietung und Verpachtung), empfiehlt es sich zur Vermeidung von Rüstzeiten, wie bisher die Belege direkt mit der Steuererklärung und einem separaten Anschreiben beim Finanzamt oder über die digitale Belegeinreichung einzureichen.
Je bedeutender ein steuerlicher Sachverhalt ist, desto höher sind die Anforderungen an die Belegvorlage. Ein steuerlicher Sachverhalt ist in der Regel bedeutend, wenn er neu bzw. erstmalig oder einmalig ist, einen außerordentlichen (Geschäfts-)Vorfall darstellt, sich gegenüber dem Vorjahr erheblich ändert oder eine spürbare steuerliche Auswirkung nach sich zieht. Die Empfehlung stellt keine Handlungsanweisung zur Beleganforderung dar. Der Umfang der Beleganforderung liegt weiterhin im Ermessen der Finanzämter, die durch ein maschinelles Risikomanagementsystem bei der Erkennung prüfungswürdiger Sachverhalte unterstützt werden.
3. Kindergeld / Kinderfreibetrag
Der Kindergeldanspruch entsteht im Geburtsmonat (z. B. bei Geburt am 31.10. erhalten die Erziehungsberechtigten für den vollen Monat Oktober das Kindergeld) und besteht uneingeschränkt bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (18. Geburtstag) des Kindes. Antragsberechtigt sind die Eltern oder andere Erziehungsberechtigte. Nicht antragsberechtigt ist das Kind selbst.
Das Kindergeld beträgt 2024 für jedes Kind EUR 250,00 monatlich. Dies soll für 2025 auf EUR 255,00 pro Kind erhöht werden.
Der steuerliche Kinderfreibetrag beträgt 2024 je Elternteil EUR 3.192,00.
Der Betreuungsfreibetrag soll auch für die zukünftigen Jahre bei EUR 1.464,00 unverändert bleiben. (Gesamt bei Zusammenveranlagung: EUR 6.384,00, mit Betreuungsfreibetrag: EUR 9.312,00)
Für Kinder, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, besteht – unabhängig von der Höhe ihrer eigenen Einkünfte und Bezüge – die Kindeseigenschaft und somit grundsätzlich ein Anspruch der Eltern auf Kindergeld.
Rechtslage für volljährige Kinder
Volljährige Kinder werden nur bei Vorliegen der nachstehend aufgeführten sonstigen Voraussetzungen berücksichtigt, wobei die eigenen Einkünfte und Bezüge unbeachtlich sind.
Die sonstigen Voraussetzungen sind:
Alter |
|
18 – 21
18 – 25
ohne Altersbeschränkung |
· ohne Beschäftigung und arbeitslos gemeldet
· Berufsausbildung · Übergangszeit von max. 4 Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten · Übergangszeit zwischen Ausbildung und Wehr-/Zivildienst · eine Berufsausbildung mangels eines Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen können · Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr
· Behinderung vor 25 eingetreten
|
Allerdings ist bei Kindern, die eine erste Berufsausbildung bzw. ein Erststudium bereits absolviert haben, Folgendes zu beachten:
Zur Erlangung der steuerlichen Kindeseigenschaft, respektive der Kindervergünstigungen, ist es Voraussetzung, dass das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.
Eine „schädliche Erwerbstätigkeit“ liegt bei folgenden Fällen nicht vor:
- Tätigkeiten bis zu 20 Stunden wöchentlich,
- Ausbildungsdienstverhältnisse,
- geringfügige Beschäftigungen (EUR 538,00).
Der Besuch einer allgemeinbildenden Schule gilt nicht als Erstausbildung. Wie bisher verlängert sich der Anspruch auf Kindergeld/Kinderfreibetrag, wenn das Kind Dienst als Entwicklungshelfer oder als Zeitsoldat von bis zu drei Jahren leistet. Der Anspruch wird dann um die Dauer des jeweiligen Dienstes verlängert.
Ende der Berufsausbildung / Ende des Kindergeldes von volljährigen Kindern
Die Zahlung von Kindergeld und die steuerliche Berücksichtigung von volljährigen Kindern ist insbesondere dann möglich, wenn sie sich in Berufsausbildung befinden und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Die Kinderfreibeträge und das Kindergeld entfallen ab dem Monat nach Beendigung der Berufsausbildung bzw. der Vollendung des 25. Lebensjahres. Die Berufsausbildung endet in der Regel mit Bestehen der Abschlussprüfung.
Bei bestimmten Berufen gewährt die Finanzverwaltung die Kindervergünstigungen bis zum Ende der gesetzlich festgelegten Ausbildungszeit, und zwar unabhängig von der Abschlussprüfung (z. B. bei Kranken- und Altenpflegern). Diese Regelung wurde vom BFH bestätigt und allgemein auf solche Berufe ausgedehnt, bei denen die Ausbildungszeit durch eine Rechtsvorschrift festgelegt ist.
Günstigerprüfung
Bei einem höheren Einkommen wirkt sich der Kinderfreibetrag günstiger aus als das Kindergeld. Das Kindergeld wird dann auf die steuerliche Entlastung angerechnet und somit faktisch wieder zurückgezahlt.
4. Kinderbetreuungskosten
Der Anspruch auf Abzug der Betreuungsaufwendungen kann unabhängig von Erwerbstätigkeit, Krankheit oder Behinderung der Eltern als Sonderausgabe geltend gemacht werden.
Begünstigt sind 2/3 der Betreuungsaufwendungen bis höchstens EUR 4.000,00 pro Kind.
Dies gilt für alle Kinder bis 14 Jahre oder für Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten.
Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist. Weitere Voraussetzung ist, dass das Kind im elterlichen Haushalt lebt.
Leben die Eltern getrennt, darf nur der Elternteil den Abzug der Kinderbetreuungskosten geltend machen, bei dem das Kind lebt. Dies gilt selbst dann, wenn der andere Elternteil durch Unterhaltszahlungen seinen Beitrag zu den Kinderbetreuungskosten geleistet hat. Der Bundesfinanzhof hatte diese steuerliche Benachteiligung dieses Elternteils für verfassungsgemäß gehalten (BFH-Urteil von 2023).
Begünstigt sind unter anderem folgende Dienstleistungen:
· Kindergarten, Kindertagesstätten, Kinderhort, Kinderkrippen, Babysitter, Tagesmutter
· Hausaufgabenbetreuung, insbesondere nachmittägliche Schulbetreuung
· Haushaltshilfe, soweit ein Kind betreut wird
Nicht begünstigt sind unter anderem folgende Dienstleistungen:
· Aufwendungen für Unterricht (z. B. Schulgeld, Nachhilfe)
· Aufwendungen für die Vermittlung besonderer Fähigkeiten (z. B. Musikunterricht)
· Aufwendungen für sportliche und andere Freizeitbetätigungen (z. B. Mitgliedschaft in Sportvereinen oder anderen Vereinen)
Hier ist aber Folgendes zu beachten:
Oftmals zahlen auch Arbeitgeber entsprechende Zuschüsse an ihre Mitarbeiter aus.
Es gab ein BFH-Urteil zu dieser Problematik. Leistet der Arbeitgeber Zuschüsse zur Betreuung (im Urteilsfall Kindergartenbeiträge), dann sind die Aufwendungen zwingend um diesen Betrag zu kürzen. Ein Steuerpflichtiger darf nur Kosten steuermindernd geltend machen, die er auch selbst getragen hat.
Betreuung durch Angehörige
Vater, Mutter, Großeltern oder die Lebensgefährtin werden als betreuende Person nicht anerkannt, denn diese Betreuung wird üblicherweise auf familienrechtlicher Grundlage unentgeltlich erbracht.
Bei der Fahrtkostenerstattung gilt Folgendes: Betreuen die Großeltern das Enkelkind, können die Eltern bei entsprechender Vertragsgestaltung die Fahrtkostenerstattung von der Steuer absetzen, wenn der Fahrtkostenersatz im Einzelnen in einer Rechnung oder einem Vertrag aufgeführt wird, die Vereinbarungen dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen und die Erstattungen unbar auf das Konto des Angehörigen (d. h. der Betreuungsperson) geleistet wird.
5. Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
Nach § 24b EStG dürfen Alleinerziehende jährlich einen sogenannten Entlastungsbetrag für Alleinerziehende steuerlich geltend machen. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende von EUR 4.260,00 erhöht sich gemäß § 24b Abs. 2 EStG um jeweils EUR 240,00 für jedes weitere zum Haushalt gehörende Kind. Er ist ein Jahresbetrag, der in jedem Veranlagungszeitraum insgesamt nur einmal in Anspruch genommen werden kann. Eine Aufteilung zwischen den Haushalten alleinerziehender Elternteile ist nicht möglich.
Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird außerhalb des Familienleistungsausgleichs bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte durch Abzug von der Summe der Einkünfte und beim Lohnsteuerabzug durch die Steuerklasse II berücksichtigt.
Dieser Freibetrag verringert sich um ein Zwölftel für jeden vollen Kalendermonat, in dem diese Voraussetzungen nicht vorliegen.
Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer.
Voraussetzungen dafür sind:
- Mindestens ein Kind, das mit im Haushalt lebt und gemeldet ist
- Für das Kind erhält die Alleinerziehende Kindergeld/Kinderfreibeträge
- Kein Splittingverfahren erfüllt oder verwitwet
- Bildet keine Hausgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person, es sei denn, für diese Person steht dem Alleinerziehenden ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld zu
Es dürfen somit keine weiteren volljährigen Personen zu dem Haushalt der Alleinerziehenden gehören. Erwachsene Kinder, für welche die Alleinerziehende Kindergeld erhält, sind eine Ausnahme von dieser Regel. Eine Ausnahme bilden somit die volljährigen Kinder im Haushalt, die sich in Berufsausbildung befinden oder auf einen Ausbildungsplatz warten oder einen Freiwilligendienst leisten. Eine weitere Ausnahme bilden pflegebedürftige erwachsene Personen (Pflegegrad I, II, III). Diese dürfen im Haushalt der Alleinstehenden leben.
Die Haushaltszugehörigkeit ist anzunehmen, wenn das Kind in der Wohnung des Alleinerziehenden gemeldet ist. Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs begründet die Meldung im Haushalt des Alleinerziehenden eine unwiderlegbare Vermutung für die Haushaltszugehörigkeit des Kindes. Das heißt, dass diese Meldung auch dann maßgebend ist, wenn das Kind gar nicht in dieser, sondern in einer anderen Wohnung (z. B. während der Ausbildung / des Studiums) lebt. Eine Meldung mit Nebenwohnsitz genügt. Auf den tatsächlichen Aufenthaltsort des Kindes kommt es nur dann an, wenn das Kind bei mehreren Personen gemeldet ist. Ist das Kind bei beiden Elternteilen gemeldet, erhält der Elternteil den Entlastungsbetrag, an den das Kindergeld für das Kind ausgezahlt wird. Den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende gibt es nur für einen Elternteil.
Im Jahr der Trennung vom Ehepartner bzw. im Jahr der Heirat (wenn auch in diesem Jahr erst eine gemeinsame Wohnung / ein gemeinsames Haus bezogen wird) hat die Finanzverwaltung bisher den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende abgelehnt, weil in diesem Jahr ja eine Zusammenveranlagung möglich ist. Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom Oktober 2021 jedoch anders entschieden. Er hat den Entlastungsbetrag ab der Trennung nicht nur im Fall der Einzelveranlagung von Ehegatten anteilig berücksichtigt, sondern auch für den Fall, dass für das Jahr der Trennung bzw. Eheschließung die Zusammenveranlagung und damit der Splittingtarif gewählt wurde. Allerdings nur unter der Prämisse, dass die übrigen Voraussetzungen für Alleinerziehende gegeben sind und auch nur für die Monate, in denen diese vorlagen.
Der antragstellende Ehegatte darf nicht direkt eine neue Haushaltsgemeinschaft gegründet haben, denn dies schließt den Ansatz des Entlastungsbetrages definitiv aus.
6. Zahlungen der Krankenkassen als Beitragsrückerstattung
Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung können unbegrenzt als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn mit diesen Beiträgen Basisversicherungsschutz erlangt wird.
Beitragsrückerstattungen der Krankenkasse, die auf diese Basisabsicherung entfallen, mindern die abzugsfähigen Krankenversicherungsbeiträge in dem Jahr, in dem sie zufließen. Prämien und Bonusleistungen der Krankenkassen werden als (schädliche) Beitragsrückerstattungen angesehen, soweit diese Bonusleistungen nicht nur eine Erstattung tatsächlich entstandener Aufwendungen des Versicherten darstellen. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn sich die Bonuszahlungen auf eine Maßnahme beziehen, die vom Basiskrankenversicherungsschutz umfasst ist (gesundheitliche Vorsorge- oder Schutzmaßnahmen, z. B. zur Früherkennung bestimmter Krankheiten), oder diese für aufwandsunabhängiges Verhalten (wie z. B. gesundes Körpergewicht oder Nichtraucher-Status) gewährt werden.
Werden allerdings im Rahmen eines (Bonus-)Programms der Krankenkasse dem Versicherten zusätzliche Aufwendungen erstattet, z. B. Rückenschule, Osteopathie-Behandlung, Zahnreinigung oder Beiträge für ein Fitnessstudio, besteht jedoch kein Zusammenhang mit den Beiträgen zur Basisversorgung, sodass als Konsequenz keine Kürzung der Sonderausgaben stattfindet. Nach aktueller Rechtsprechung mindern auch solche „Bonuszahlungen“ nicht den Sonderausgabenabzug, die nicht den konkreten Nachweis vorherigen Aufwandes des Versicherten für eine bestimmte Gesundheitsmaßnahme erfordern, sondern lediglich pauschal gewährt werden. Voraussetzung für die Nichtkürzung der Sonderausgaben ist allerdings weiterhin, dass die jeweils geförderte Maßnahme beim Versicherten Kosten auslöst und die hierfür gezahlte und den Gegebenheiten angemessen ausgestaltete Pauschale geeignet ist, den Aufwand des Versicherten ganz oder teilweise auszugleichen.
In diesem Zusammenhang hat die Finanzverwaltung eine befristete Vereinfachungsregelung geschaffen. Danach führen Bonuszahlungen bis zu einer Höhe von EUR 150,00 jährlich für jeden Versicherten nicht zu einer Kürzung der Sonderausgaben, unabhängig davon, ob diese für zusätzliche Kosten des Versicherten geleistet werden.
7. Außergewöhnliche Belastungen
Allgemein
Entstehen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl von Personen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes, so können diese Aufwendungen gegebenenfalls als außergewöhnliche Belastungen bei der Einkommensteuererklärung angesetzt werden.
Voraussetzung ist, sie stellen keine Sonderausgaben, Werbungskosten oder Betriebsausgaben dar.
Allerdings ist von diesen zwangsläufig entstandenen Aufwendungen die zumutbare Eigenleistung abzuziehen. Nur der Teil, welcher darüber hinausgeht, kann steuermindernd vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgesetzt werden.
Die beiden unbestimmten Rechtsbegriffe außergewöhnlich (durch die besonderen Verhältnisse des Steuerpflichtigen veranlasst oder nur bei wenigen anfallend) und zwangsläufig (subjektive Verpflichtung, sich diesen Aufwendungen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen zu können) haben dazu geführt, dass es unzählige Finanzgerichtsurteile zu diesem Thema gibt.
Zunächst eine (nicht abschließende) Aufzählung anerkannter außergewöhnlicher Belastungen:
- Aufwendungen für Krankheit (z. B. Arzt, Zahnarzt, Heilpraktikerrechnung, Medikamente, Hilfsmittel, Krankenbeförderungen, Operationskosten),
- für Behinderung (oder anstelle des tatsächlichen Aufwands Behindertenpausch-beträge),
- für die Wiederbeschaffung (auch Schadensbeseitigung) von Gegenständen, die existenziell notwendig sind (Wohnung, Hausrat, Kleidung), insbesondere für Hochwassergeschädigte. Bei Hochwassergeschädigten ist eine fehlende Versicherung für Elementarschäden kein Ausschlussgrund,
- Kosten bei Sterbefällen (soweit sie den Wert des Nachlasses übersteigen).
Besonderheiten beim Nachweis von Krankheitskosten:
Die Zwangsläufigkeit von Krankheitskosten muss durch
- eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers oder
- ein amtsärztliches Gutachten oder
- eine ärztliche Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung
nachgewiesen werden. Dieser Nachweis muss bereits vor Beginn der Maßnahme ausgestellt werden. Krankheitskosten bis zum Selbstbehalt, die bei einer privaten Krankenversicherung angefallen sind, können als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.
Unterhaltsleistungen
Unterhaltsleistungen können nur insoweit zum Abzug zugelassen werden, als die Aufwendungen dazu bestimmt und geeignet sind, dem laufenden Lebensbedarf des Unterhaltsempfängers im Veranlagungszeitraum der Unterhaltszahlung zu dienen. Liegen diese Voraussetzungen nur für einige Monate des Jahres der Unterhaltszahlung vor, muss der Unterhaltshöchstbetrag gemäß § 33a (3) S. 1 EStG entsprechend aufgeteilt werden. Bei Unterhaltszahlungen ins Ausland ist zu beachten, dass diese nur abziehbar sind, soweit sie nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates der unterhaltenen Person notwendig und angemessen sind. Es sollte hier auf regelmäßige laufende Zahlungen geachtet werden.
Keine Verteilung möglich
Außergewöhnliche Belastungen sind nach § 11 (2) S. 1 EStG ausschließlich in dem Jahr der Zahlung zu berücksichtigen. Übersteigen die Aufwendungen in einem Jahr die Einkünfte, geht der übersteigende Teil steuerlich unter.
Aktuelle Urteile
Adoptionskosten sind keine außergewöhnlichen Belastungen. Adoptionen sind mangels medizinischer Indikation keine Heilbehandlung und können einer solchen auch nicht gleichgestellt werden. Ferner sind Adoptionskosten nicht zwangsläufig erwachsen.
Die Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung können als Krankheitskosten im Rahmen der außergewöhnlichen Belastung steuerlich abzugsfähig sein. Die Empfängnisunfähigkeit einer Frau und die Zeugungsunfähigkeit eines Mannes gelten grundsätzlich als Krankheit. Wird die künstliche Befruchtung in diesen Fällen nach geltendem Recht vorgenommen, können die Aufwendungen nach Abzug der zumutbaren Eigenbelastung als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden. Dabei können alle Aufwendungen berücksichtigt werden, die auf die Beseitigung der Empfängnis- bzw. Zeugungsunfähigkeit und deren Folgen gerichtet sind. Der Familienstand ist dabei nicht relevant.
8. Pflege-Pauschbetrag
Die Pflege einer Person, die pflegebedürftig ist, wird teilweise von den Angehörigen übernommen, damit der Pflegebedürftige weiterhin zu Hause in seinem bisherigen Umfeld wohnen bleiben kann. Personen, die Verwandte ab Pflegegrad 2 in der eigenen oder deren Wohnung unentgeltlich pflegen, haben steuerlich Entlastungsmöglichkeiten. Die pflegenden Angehörigen (z. B. Kinder, Ehepartner, Nachbarn) können hierfür im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen den Pflege-Pauschbetrag geltend machen. Der Pflege-Pauschbetrag soll Menschen entlasten, die hilflose oder schwerstpflegebedürftige Angehörige oder nahestehende Menschen betreuen und die laufenden Kosten für zum Beispiel Fahrten, Kleidung und Pflege decken. Es gibt allerdings einige Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen:
· Bei den Personen, die gepflegt werden, muss es sich um eine/-n Angehörige/-n – wie Eltern, Geschwister, Onkel und Tante – oder um eine nahestehende Person wie zum Beispiel die Schwiegermutter handeln.
· Der/Die zu pflegende Angehörige ist hilflos (Behindertenausweis mit dem Merkzeichen „H“) oder schwerstpflegebedürftig (Pflegegrad 2, 3, 4 und 5).
· Pflege der Angehörigen in der eigenen oder seiner/ihrer Wohnung.
· Die Inanspruchnahme von Pflegediensten reduziert den Anspruch auf den Pflege-Pauschbetrag nicht, sofern der eigene Anteil an der Pflege mindestens 10 % beträgt.
· Es bedarf hierfür keiner Nachweise über Ausgaben.
Die Höhe des Pauschbetrages richtet sich dabei nach dem Pflegegrad:
Pflegegrad 2: EUR 600,00
Pflegegrad 3: EUR 1.100,00
Pflegegrad 4: EUR 1.800,00
Pflegegrad 5: EUR 1.800,00
Der Pflege-Pauschbetrag steht den Pflegenden nur zu, wenn Sie keine Gegenleistung für die Pflege bekommen – auch nicht in Form des Pflegegelds aus der gesetzlichen oder privaten Pflegeversicherung. Die Pflegenden können das Pflegegeld zwar verwalten, dürfen es aber ausschließlich zugunsten des/der Pflegebedürftigen verwenden – zum Beispiel für einen ambulanten Pflegedienst oder die Anschaffung eines Spezialbetts. Leitet der/die Pflegebedürftige das Pflegegeld als Vergütung an den Pflegenden weiter, ist es zwar steuerfrei, dafür entfällt aber der Anspruch auf den Pflege-Pauschbetrag.
Eine zumutbare Belastung wird nicht angerechnet. Erfolgt die Pflege durch mehrere Personen, ist der Pauschbetrag gleichmäßig auf die tatsächlich pflegenden Personen aufzuteilen. Der Pauschbetrag kann auch mehrfach gewährt werden, wenn mehrere Personen, wie z. B. beide Elternteile, gepflegt werden.
9. Haushaltsnahe Dienstleistungen und Beschäftigungsverhältnisse
Die begünstigten Tatbestände sind im § 35a EStG zusammengefasst worden.
Art der begünstigten Tätigkeit | Höchstbetrag | Steuerabzug |
Steuerermäßigung
|
a) Handwerkerleistungen
b) Haushaltshilfe Minijob
c) Haushaltsnahe Dienstleistungen
Pflege- und Betreuungsleistung
Haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse
|
EUR 6.000
EUR 2.550
EUR 20.000 |
20 %
20 %
20 % |
EUR 1.200
EUR 510
EUR 4.000 |
Anzumerken ist hier, dass alle Dienstleistungen eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen müssen. Weiterhin muss die Dienstleistung im Haushalt ausgeführt werden. Zum Haushalt können auch mehrere, räumlich voneinander getrennte Orte (Zweit-, Wochenend- oder Ferienwohnung) gehören.
Es ist aber auch möglich, die Renovierungsarbeiten an der bisherigen Wohnung zu berücksichtigen, selbst wenn man bereits ausgezogen ist – der Begriff „im Haushalt“ ist hier nicht ganz so eng zu fassen. Nicht begünstigt sind handwerkliche Tätigkeiten im Rahmen einer Neubaumaßnahme (Errichtung eines Haushalts), die bis zu deren Fertigstellung anfallen. Das bedeutet dann aber wiederum, dass Arbeitskosten für einen nachträglichen Dachgeschossausbau, (auch bei einer Wohnflächenerweiterung) für eine nachträgliche Errichtung eines Carports, einer Fertiggarage, eines Wintergartens oder einer Terrassenüberdachung, für eine spätere Gartenneuanlage usw. sehr wohl nach § 35a Abs. 3 EStG begünstigt sind.
a) Handwerkerleistungen § 35a Abs. 3 EStG
Die handwerklichen Tätigkeiten für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen müssen in einem innerhalb der EU oder des EWR liegenden Haushalts des Steuerpflichtigen erbracht werden. In der Rechnung muss der begünstigte Rechnungsanteil für die Arbeitsleistung gesondert ausgewiesen sein.
Zu den handwerklichen Tätigkeiten zählen u. a.:
- Abflussrohrreinigung
- Arbeiten an Innen- und Außenwänden
- Arbeiten am Dach, an der Fassade, an Garagen, o. Ä. / Dachrinnenreinigung
- Arbeitskosten für das Aufstellen eines Baugerüstes (nicht Miete und Materialkosten)
- Gebühren für den Schornsteinfeger (für sämtliche Schornsteinfegerleistungen)
- Hausanschlüsse (z. B. Kabel für Strom oder Fernsehen)
- Maßnahmen der Gartengestaltung, auch Neuanlage des Gartens
- Modernisierung des Badezimmers / Modernisierung oder Austausch der Einbauküche
- Pflasterarbeiten auf dem Wohngrundstück
- Reparatur oder Austausch von Bodenbelägen (z. B. Teppichboden, Parkett, Fliesen)
- Reparatur oder Austausch von Fenstern und Türen
- Reparatur, Wartung oder Austausch von Heizungsanlagen, Elektro-, Gas- und Wasserinstallationen, Feuerlöscher
- Reparatur und Wartung von Gegenständen im Haushalt des Steuerpflichtigen (z. B. Waschmaschine, Geschirrspüler, Herd, Fernseher, PC, Klavier)
- Streichen/Lackieren von Türen, Fenstern, Heizkörpern und -rohren
Auch Bewohner von Eigentumswohnungen können Handwerkerleistungen beim entsprechenden Ausweis in der WEG-Abrechnung in Abzug bringen. Mieter können Handwerkerleistungen ebenfalls in Abzug bringen, wenn diese in der Nebenkostenabrechnung entsprechend ausgewiesen sind.
Neben den Eigentümern und den Mietern kann auch ein Steuerpflichtiger die Steuerermäßigung von Handwerkerleistungen in Anspruch nehmen, wenn dieser unentgeltlich in einer überlassenen Wohnung wohnt.
Der Materialanteil bzw. die Lieferung von Waren gehört nicht zu den begünstigten Aufwendungen. Die Arbeitskosten, einschließlich der in Rechnung gestellten Maschinen- und Fahrtkosten, sind begünstigt. Die Umsatzsteuer ist, je nachdem, auf welchen Posten sie sich bezieht, abzugsfähig oder nicht abzugsfähig (Aufteilung).
Barzahlungen sind nicht begünstigt. Für die Berücksichtigung der Steuerermäßigung im jeweiligen Kalenderjahr kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Zahlung an. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass eine Zahlung, die über dem Höchstbetrag liegt, verloren geht. Eine Anrechnung des übersteigenden Betrages kann nicht im folgenden Jahr nachgeholt werden. Wenn man in einem Jahr keine Steuern zahlt, weil die Einkünfte zu gering sind, kann man auch den Steuervorteil nicht nutzen. Die Vergünstigung geht dann komplett verloren.
b) Haushaltshilfe Minijob § 35a Abs. 1 EStG
Für Arbeitsverhältnisse in Privathaushalten mit Arbeitsentgelt bis EUR 538,00 pro Monat wird in der Regel das sogenannte Haushaltsscheckverfahren angewendet. Der Arbeitnehmer wird bei der Bundesknappschaft angemeldet.
c) Haushaltsnahe Dienstleistung
Der § 35a Abs. 2 EStG fasst mehrere Tatbestände zusammen, die sich einen gemeinsamen Aufwendungshöchstbetrag von EUR 20.000,00 teilen. Dies entspricht einer Steuerermäßigung von EUR 4.000,00 (EUR 20.000,00 x 20 %).
Zum einen sind haushaltsnahe sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse begünstigt. Begünstigt sind auch Pflege- und Betreuungsleistungen. Ein bestimmter Schweregrad der Pflegebedürftigkeit wird vom Gesetz nicht gefordert.
Ferner sind haushaltsnahe Dienstleistungen begünstigt, die keine Handwerkerleistungen darstellen. Die Handwerkerleistungen sind gemäß § 35a Abs. 3 EStG nur mit einem Aufwendungshöchstbetrag von EUR 6.000,00 bzw. einer Steuerermäßigung von EUR 1.200,00 begünstigt.
Es ergibt sich hier wegen der unterschiedlichen Höchstbeträge die Notwendigkeit der Abgrenzung zwischen haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen. Die Rechtsprechung hat sich mit den Abgrenzungsfragen befasst. Hiernach sind Maler- und Tapezierarbeiten als Handwerkerleistungen einzuordnen. Es gilt folgender allgemeiner Grundsatz: Auch einfache handwerkliche Tätigkeiten, die von Laien ausgeführt werden können, können nicht als haushaltsnahe Dienstleistungen eingeordnet werden.
Zu den haushaltsnahen Dienstleistungen gehören u. a. Aufwendungen für
- einen selbstständigen Gärtner (z. B. zum Rasenmähen oder Heckenschneiden),
- die Pflege von Angehörigen (z. B. durch Inanspruchnahme eines Pflegedienstes),
- einen selbstständigen Fensterputzer,
- Reinigungsleistungen durch Dienstleistungsagenturen, Hausmeisterleistungen,
- privat veranlasste Umzugsleistungen,
- Straßenreinigung auf privatem Grundstück, Winterdienst,
- Betreuung eines Haustieres in der Wohnung des Tierhalters,
· Hausmeister/Hauswart (z. B. bei Nebenkostenabrechnungen).
10. Realsplitting
Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehepartner/Lebenspartner im Inland sind mit Zustimmung des Empfängers bis zur Höhe von EUR 13.805,00 im Kalenderjahr abzugsfähig.
Dieser Jahresbetrag erhöht sich hinsichtlich der vom Steuerpflichtigen aufgewendeten Beträge für die Basiskrankenversicherung bzw. Pflegeversicherung des dauernd getrennt lebenden Ehegatten/Lebenspartners.
Damit ist es getrennt lebenden und geschiedenen Eheleuten/Lebenspartnern möglich, anstelle des durch die Trennung weggefallenen Splittingvorteils für tatsächlich erbrachte Unterhaltsleistungen einen Sonderausgabenabzug in Anspruch zu nehmen, um so eine steuerlich günstigere Verteilung ihrer Einkommen zu erreichen.
Für den Abzug der Unterhaltsleistung als Sonderausgabe ist es unerheblich, ob diese freiwillig oder aufgrund einer gesetzlichen Unterhaltspflicht erbracht wird.
Voraussetzung ist, dass der Empfänger der Leistungen dem Antrag zustimmt, weil als Folge des Abzugs beim Zahlenden eine Versteuerung beim Empfänger vorgenommen wird; sogenanntes Realsplitting.
Die Zustimmung gilt für den jeweiligen Veranlagungszeitraum und für zukünftige Jahre; sie kann nur vor Beginn eines Jahres zurückgenommen werden. Das Realsplitting kann aber nur von geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehepartnern/Lebenspartnern und solchen, deren Ehe für nichtig erklärt oder aufgehoben wurde, geltend gemacht werden, nicht aber von sonstigen Lebenspartnern. Dies hat der Bundesfinanzhof für Unterhaltszahlungen an die ehemalige Lebensgefährtin und Kindsmutter entschieden. Hier liegt auch kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vor, eine Ausweitung des Realsplittings sei verfassungsrechtlich nicht geboten. Auf Antrag kann der Sonderausgabenabzug auf einen beliebigen Teilbetrag beschränkt werden. Leistet jemand Unterhalt an mehrere Empfänger, sind die Unterhaltsleistungen an jeden bis zu einem Betrag von EUR 13.805,00 abziehbar. Bei dem Höchstbetrag handelt es sich um einen Jahresbetrag. Die Aufwendungen sind also auch dann bis zu EUR 13.805,00 abziehbar, wenn Unterhalt nur für einen Teil des Kalenderjahres erbracht wird.
11. Zweitwohnsitzsteuer bei doppelter Haushaltsführung
Sofern Steuerpflichtige aus beruflichen Gründen auf eine zweite Wohnung angewiesen sind, kann diese unter gewissen Umständen als Werbungskosten anerkannt werden – die wichtigsten Voraussetzungen sind hier noch einmal zusammengefasst:
Die Steuerpflichtigen haben einen Hausstand, welcher als Hauptwohnung und somit als Lebensmittelpunkt gilt und in welchem zum Beispiel die Familie lebt. Darüber hinaus existiert am Beschäftigungsort (oder in der Umgebung) eine sogenannte Zweitwohnung, die beruflich veranlasst ist (vgl. R 9.11. LStR und H 9.11 LStH).
Gemäß R 9.11 (8) LStR sind Aufwendungen für eine Zweitwohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte, unabhängig von der Größe des Haushalts, bis zu einem Höchstbetrag von EUR 1.000,00 pro Monat abzugsfähig.
Mit Datum vom 13.12.2023 (VI R 30/21) hat der Bundesfinanzhof in einem Urteil entschieden, dass die Zweitwohnungsteuer, welche im Rahmen einer für eine doppelte Haushaltsführung genutzten Wohnung anfällt, unter die Höchstbetragsbegrenzung fällt. Sollte demnach der o. g. Höchstbetrag i. H. v. EUR 1.000,00 pro Monat ausgeschöpft sein, so ist eine Geltendmachung der Zweitwohnungsteuer als zusätzliche Werbungskosten nicht möglich. Insbesondere Steuerpflichtige, welche ihre Zweitwohnung in teuren Ballungsräumen innehaben, sind von dieser Regelung betroffen.
12. Verbilligte Überlassung einer Wohnung
Seit dem 01.01.2021 gilt der § 21 (2) EStG in seiner aktuellen Fassung. Dort heißt es: „Beträgt das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 50 % der ortsüblichen Marktmiete, so ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Beträgt das Entgelt bei auf Dauer angelegter Wohnungsvermietung mindestens 66 % der ortsüblichen Miete, gilt die Wohnungsvermietung als entgeltlich.“
Zusammengefasst bedeutet dies also, dass die Werbungskosten für eine verbilligte Wohnungsüberlassung dann zu 100 % abzugsfähig sind, sofern die Miete mindestens 66 % der ortsüblichen Miete beträgt.
Sofern die vereinbarte Miete zwischen 50 % und 66 % liegt, ist eine Totalüberschussprognose des Steuerpflichtigen vorzunehmen. Sollte diese Totalüberschussprognose positiv ausfallen, dann ist für diese verbilligte Wohnungsüberlassung die Einkünfteerzielungsabsicht zu unterstellen, was bedeutet, dass der volle Werbungskostenabzug gewährt wird.
Durch die Ausschöpfung dieser Grenzen kann eine verbilligte Wohnraumüberlassung also zunächst auch steuermindernd berücksichtigt werden. Wichtig ist hierbei, dass die entsprechenden Mietspiegel der einzelnen Kommunen regelmäßig überprüft werden, gerade wenn man sich am unteren Ende der Spanne befindet.
13. Privates Veräußerungsgeschäft nach Teilung eines (Wohn-)Grundstücks
Gemäß § 23 (1) EStG ist der bei einer Veräußerung eines Grundstücks entstehende Gewinn grundsätzlich steuerpflichtig, sofern zwischen Anschaffung der Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre liegen. Die Veräußerung ist hingegen steuerfrei, wenn das Grundstück ausschließlich oder mindestens im Jahr der Veräußerung und in den zwei vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.
In diesen Selbstnutzungsfällen ist auch der Gewinn steuerfrei, welcher anteilig auf die Veräußerung des Grund und Bodens entfällt.
Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang zwischen dem Grund und Boden und der Nutzung des Gebäudes zu eigenen Wohnzwecken gegeben ist. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, sofern der Grund und Boden zum Beispiel als Garten genutzt wird.
Mit vom 26.09.2023 (IX R 14/22) hat der BFH jedoch entschieden, dass dieser Zusammenhang regelmäßig nicht mehr besteht, wenn ein Grundstück geteilt und der abgeteilte und diesem Fall unbebaute Grund und Boden innerhalb der 10-Jahres-Frist dann veräußert wird. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der veräußerte Teil vor der Teilung z. B. als Garten genutzt worden ist. Durch die Teilung sind die beiden dadurch entstandenen Grundstücke jeweils getrennt zu betrachten, was die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken angeht, und entsprechend ist das neu geschaffene Grundstück nicht mehr steuerfrei zu veräußern gewesen.
14. Ertragsteuerliche Behandlung von digital agierenden Steuerpflichtigen (Influencern)
Mit Datum vom 02.07.2024 hat das schleswig-holsteinische Finanzministerium sich durch einen Erlass mit der ertragsteuerlichen Behandlung von digital agierenden Steuerpflichtigen (Influencern) befasst. Dabei bleibt festzuhalten, dass die steuerliche Einordnung nach wie vor komplex bleibt und grundsätzlich von der Art der Tätigkeit abhängt.
Die dabei erzielten Einkünfte sind in der Regel dann gewerbliche Einkünfte, sofern die Einnahmen durch Produktplatzierungen oder aus Werbung bestehen. Auch der Handel mit eigenen Produkten (Kosmetika, Schmuck oder Kleidung) fällt unter die gewerbliche Tätigkeit.
Sollten die Einnahmen jedoch aus künstlerischer oder schriftstellerischer Tätigkeit erzielt werden, können auch Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit vorliegen. Gleiches gilt bei sogenannten beratenden Tätigkeiten; jedoch sind hier die Grenzen des § 18 EStG zu berücksichtigen und die Darstellung von Erfahrungen ohne eine qualifizierte Ausbildung in diesem Bereich sollte dann auch eher den gewerblichen Einkünften zuzuordnen sein.
Dabei gilt, dass alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, welche durch den Betrieb veranlasst sind, grundsätzlich Einnahmen darstellen. Hierzu gehören auch das Hinterlegen von Links sowie Umsatzbeteiligungen.
Auch Dienstleistungen oder Produkte, welche die Influencer erhalten, um diese zu bewerben, stellen grundsätzlich Betriebseinnahmen dar.
Sofern Aufwendungen objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und dem Betrieb auch zu dienen bestimmt sind, liegt eine betriebliche Veranlassung vor und es handelt sich somit um Betriebsausgaben.
Zu beachten ist hierbei jedoch, dass Aufwendungen für Kleidung, Gesunderhaltung und Ernährung grundsätzlich unter das Abzugsverbot nach § 12 Nr. 1 EStG fallen.
Weiterhin fallen oft Reisekosten an, welche besonderer Aufmerksamkeit unterliegen. Sofern die Reisen ausschließlich betrieblich veranlasst sind, sind diese selbstverständlich als Betriebsausgaben abziehbar (z. B. Kundentermine oder Messebesuche).
Sollte die Reise jedoch sowohl betrieblich als auch privat veranlasst sein, sind die Reisekosten im Verhältnis der erwerbsbedingten und der privaten Veranlassungsbeiträge zueinander aufzuteilen (vgl. hierzu BFH vom 21.09.2009, GrS 1/06).
Auch bei den Aufwendungen für typische Berufskleidung gelten die allgemeinen Grundsätze, weshalb Aufwendungen für bürgerliche Kleidungen grundsätzlich nicht als Betriebsausgabe anerkannt werden können.
Sofern ein kommerzialisierter Teil des aufgrund einer Einlage zu aktivierenden Namensrechts besteht, muss dieses Wirtschaftsgut als immaterielles Wirtschaftsgut eingelegt werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass ein bloßes Influencer-Profil zusammen mit den Followern noch kein Wirtschaftsgut im steuerlichen Sinne darstellt.
15. Verlustberücksichtigung bei Beteiligung an Kapitalgesellschaften – Eigenkapitalersatz im Steuerrecht
Angesichts der eingetrübten Lage der Wirtschaft rückt die Frage von Verlusten im Bereich von Kapitalgesellschaften wieder mehr in den Vordergrund. Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft können unter bestimmen Voraussetzungen auf die Anwendung der Abgeltungssteuer verzichten, dann sind 60 % der Einnahmen und auch der Werbungskosten steuerlich zu berücksichtigen. Dies lohnt sich immer dann, wenn (z. B. durch Fremdfinanzierung bei Kauf der Anteile an der Gesellschaft) die Werbungskosten höher sind als die Einnahmen. Insbesondere bei Verkauf, Liquidation oder auch Insolvenz der Gesellschaft kann ein steuerlich berücksichtigungsfähiger Verlust entstehen. Dabei wird der Erlös (im Zweifel EUR 0,00) aus dem Wegfall der Beteiligung mit den Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile verglichen, die Differenz ist Gewinn oder Verlust.
Mit Urteil vom 11.07.2017 hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung geändert und entschieden, dass seit Inkrafttreten des MoMiG ab 2009 für Inanspruchnahmen aus Bürgschaften für die Kapitalgesellschaft und Fremdkapitalhilfen nicht mehr auf die dargestellten BMF-Schreiben vom 21.10.2010 und vom 08.06.1999 zurückgegriffen werden kann. Somit führen diese nicht mehr zu steuerlich nutzbaren Verlusten. Aus Gründen des Vertrauensschutzes gilt die Änderung der Rechtsprechung aber erst für Dispositionen, die ab dem 27.09.2017 (Veröffentlichung des Urteils) getätigt wurden.
In allen übrigen Fällen, so hat das BMF im Schreiben vom 05.04.2019 (Dok. 2019/0225994) klargestellt, werden im Sinne des neu geschaffenen § 17 Abs. 2a EStG Anschaffungskosten nur noch durch Aufwendungen begründet, die nach handelsrechtlichen Grundsätzen (§ 255 HGB) zu einer offenen und verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen – also insbesondere bei Nachschüssen (§§ 26 ff. GmbHG) und sonstigen Zuzahlungen (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB) wie Einzahlungen in die Kapitalrücklage.
Ausfälle von Darlehen sowie von Bürgschaftsregressforderungen führen abweichend zur oben genannten Regelung des BFH weiterhin zu Anschaffungskosten, sofern es sich bei der Fremdkapitalhilfe um eine gesellschaftsrechtlich vereinbarte Zuführung durch den Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen handelt. Beispielsweise kann dies bei der Vereinbarung eines Rangrücktritts der Fall sein, da somit dieselben Voraussetzungen gegeben sind wie bei der Rückzahlung von Eigenkapital.
Eine rein interne Umgliederung von freien Gewinnrücklagen in eine zweckgebundene Rücklage führt hingegen nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten auf den Geschäftsanteil des veräußernden Gesellschafters.
Die Regelung des § 17 Abs. 2a EStG gilt für alle Veräußerungen bzw. Auflösungen von Kapitalgesellschaften, die nach dem 31.07.2019 erfolgt sind. An dieser Stelle sei auf das Schreiben des BMF vom 07.06.2022 zur Anwendung des § 17 Abs. 2a EStG verwiesen.
16. Verlustverrechnungsbeschränkung bei Termingeschäften
Bei Einkünften aus Kapitalvermögen sind diverse Verlustverrechnungsregelungen zu beachten. Verluste aus Kapitalvermögen dürfen gemäß § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. Weiterhin dürfen Sie nicht nach § 10d EStG abgezogen werden.
Verluste aus Termingeschäften unterliegen seit 2021 einer doppelten Einschränkung bei der Verlustverrechnung (§ 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG):
Diese Verluste dürfen nur noch mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit Einkünften aus Stillhalterprämien verrechnet werden. Ein Ausgleich mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen ist ausgeschlossen. Weiterhin ist eine Verlustverrechnung im Veranlagungsjahr nur bis zur Höhe von EUR 20.000,00 zulässig, nicht verrechenbare Verluste werden zeitlich unbefristet auf Folgejahre vorgetragen. Eine Verlustverrechnung in den Folgejahren wird jedoch nur ausgelöst, wenn auch Gewinne erzielt werden.
Diese spezielle Verlustverrechnungsregelung findet auf Verluste Anwendung, die nach dem 31.12.2020 entstehen, und wurde zur Eindämmung schädlicher Kapitalmarktspekulationen eingeführt.
Da nur positive Kapitalerträge aus Termingeschäften dem Steuerabzug gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 11 EStG unterworfen werden und sich negative Kapitalerträge aus Termingeschäften im Rahmen des Steuerabzugs bis zum Betrag in Höhe von EUR 20.000,00 nicht auswirken, sind solche Verluste vom Steuerentrichtungspflichtigen unaufgefordert zu bescheinigen. Der Steuerpflichtige muss stets einen Antrag gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG stellen und die Verluste veranlagen lassen, um deren Verrechnung in Höhe von EUR 20.000,00 und den Verlustvortrag sicherzustellen.
Der BFH hatte in einem Aussetzungsverfahren diesbezüglich zu entscheiden, ob die Verlustverrechnungsregelung verfassungsgemäß ist.
Im Streitfall erzielten die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Antragsteller im Jahr 2021 auch Einkünfte aus Kapitalvermögen. In der Einkommensteuererklärung 2021 erklärten die Antragsteller unter anderem ausländische Kapitalerträge aus Termingeschäften ohne Steuerabzug in Höhe von EUR 250.631,00 sowie Verluste aus Termingeschäften in Höhe von EUR 227.289,00. Wirtschaftlich entstand aus den Termingeschäften somit ein Gewinn von EUR 23.342,00. Steuerlich erkannte das Finanzamt jedoch nur eine Verlustverrechnung in Höhe von EUR 20.000,00 an, sodass im Ergebnis EUR 230.631,00 der Besteuerung unterlagen. Die nicht im Veranlagungsjahr 2021 verrechneten Verluste sollen in den Folgejahren verrechnet werden, sofern verrechenbare Gewinne erzielt werden.
Das Finanzamt setzte mit Bescheid für das Veranlagungsjahr 2021 eine Einkommensteuer in Höhe von EUR 52.280,00 fest. Gegen diesen Bescheid legten die Antragsteller Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung mit der Begründung, dass die Verlustverrechnungsregelung verfassungswidrig sei, da der Steuerbetrag höher als der wirtschaftliche Gewinn von EUR 23.342,00 sei.
Nachdem das Finanzamt die Aussetzung der Vollziehung zunächst nicht gewährt hatte, stimmte das Finanzgericht dem Antrag jedoch in der nächsten Instanz zu. Das Finanzgericht äußerte weiterhin ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der seit 2021 geltenden Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäftsverluste.
Der BFH vertritt die Auffassung, dass das Finanzgericht zu Recht die Aussetzung der Vollziehung gewährt habe, da ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheids bestünden. Laut BFH führt die Einschränkung, Verluste aus Termingeschäften nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und aus Stillhalterprämien, nicht aber mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen verrechnen zu können, zu einer Ungleichbehandlung. Diese wird weiterhin dadurch verschärft, dass Verluste und Gewinne von Termingeschäften im Verlustentstehungsjahr nur bis zur Höhe von maximal EUR 20.000,00 verrechnet werden dürfen. Hierdurch werden wirtschaftlich nicht erzielte Gewinne besteuert.
Die doppelte Begrenzung des Verlustausgleichs führt außerdem zu einer zeitlichen Streckung der Verrechnung von Verlusten aus Termingeschäften. Da nicht typischerweise davon ausgegangen werden kann, dass in den Folgejahren Gewinne aus Termingeschäften vorliegen, lässt sich nicht die Gefahr ausschließen, dass der Verlustausgleich in der Totalperiode gänzlich entfällt. Der Effekt wird durch die jährliche Betragsgrenze von EUR 20.000,00 verschärft. Im Streitfall bräuchte der Antragsteller mehr als 10 Jahre für eine vollständige Verrechnung des Verlustes, allerdings unter der Annahme, dass auch tatsächlich in jedem Folgejahr positive Einkünfte aus Termingeschäften und Stillhalterprämien erzielt werden.
Für die Praxis bedeutet dieser BFH-Beschluss, dass alle relevanten Bescheide offengehalten werden sollten. Eine Aussetzung der Vollziehung dürfte das Finanzamt vor dem Hintergrund dieses Beschlusses gewähren. Über die Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte hat der BFH nun in einem Hauptsacheverfahren zu entscheiden. Dabei ist zu erwarten, dass die streitige Rechtsfrage dem Bundesverfassungsgericht zur verfassungsrechtlichen Beurteilung vorgelegt werden wird.
17. Die Besteuerung von Kryptowährungen im Privatvermögen
Die steuerliche Behandlung von Kryptowährungen (im Folgenden Kryptos) und etwas weitergehender von sogenannten „Tokens“ stellte lange Zeit sowohl für Anleger als auch für die Finanzverwaltung ein Problem dar. Das Bundesfinanzministerium konnte mit seinem Schreiben vom 10.05.2022 Klarheit schaffen und klärte grundlegend die Problematik für beide Seiten. Zunächst hat der Gesetzgeber die Einordnung virtueller Währungen in die bestehenden Regularien erläutert. Dabei wird deutlich gemacht, dass virtuelle Währungen digitale Darstellungen von Werten sind, die weder von einer Zentralbank noch von einer öffentlichen Stelle emittiert oder garantiert werden. Infolgedessen besitzen sie nicht den rechtlichen Status einer Währung.
Das BMF steht eindeutig auf dem Standpunkt, dass aus ertragsteuerlicher Sicht Kryptos im Allgemeinen im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG als andere Wirtschaftsgüter zu klassifizieren sind. Bei der Veräußerung handelt es sich durch die zuvor beleuchtete Einordnung des Gesetzgebers um steuerpflichtige private Veräußerungsgeschäfte gemäß § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Anschaffung und dem Zeitpunkt der Veräußerung nicht mehr als ein Jahr liegt. Die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht ist nicht notwendig, da der Gesetzgeber diese aufgrund des Verkaufs innerhalb der Frist voraussetzt. Bei virtuellen Währungen kommt die Verlängerung der Veräußerungsfrist nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG nicht zur Anwendung. Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG bleiben die Gewinne jedoch steuerfrei, wenn die Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften EUR 1.000,00 im Kalenderjahr nicht übersteigen.
Es bedarf eines Anschaffungs- und eines Veräußerungsvorgangs. Als Anschaffung gilt der kostenpflichtige Erwerb von Vermögenswerten von Dritten. Hierzu zählt vor allem der Erwerb von Einheiten einer virtuellen Währung und anderen Tokens im Zusammenhang mit der Blockerstellung („Mining“ oder ähnliche Tätigkeiten). Des Weiteren gelten als entgeltlich erworben alle Einheiten einer virtuellen Währung und sonstige Tokens, die Steuerpflichtige durch den Austausch gegen staatliche Währungen (z. B. Euro), Waren, Dienstleistungen oder andere virtuelle Währungen und Tokens erworben haben. Parallel zur Anschaffung stellt die kostenpflichtige Übertragung des erworbenen Vermögenswerts an Dritte eine Veräußerung dar. Der Austausch von Einheiten einer virtuellen Währung und sonstigen Tokens gegen staatliche Währungen (z. B. Euro), Waren, Dienstleistungen oder andere virtuelle Währungen und Tokens wird dementsprechend als Veräußerung betrachtet. Die zu ermittelnde Veräußerungsfrist beginnt nach jedem Tausch neu.
Zwar erfassen die meisten großen Handelsplattformen für Kryptowährungen die Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge mittlerweile zuverlässig, eine selbst durchgeführte Dokumentation mittels Excel-Tabellen und Screenshots ist trotzdem weiterhin zu empfehlen.
Der Gewinn oder Verlust aus dem Verkauf von Einheiten einer virtuellen Währung und anderen Tokens berechnet sich durch Subtraktion des Veräußerungserlöses von den Anschaffungs- und Werbungskosten. Wenn die Veräußerung in Euro erfolgt, wird das vereinbarte Entgelt als Veräußerungserlös berücksichtigt. Im Falle eines Tauschs von Einheiten einer virtuellen Währung und anderen Tokens gegen Einheiten einer anderen virtuellen Währung oder Tokens gilt als Veräußerungserlös der Marktkurs der hingegebenen Einheiten am Tauschtag. Falls der Marktkurs der erhaltenen Einheiten nicht ermittelbar ist, wird es akzeptiert, den Marktkurs der hingegebenen Einheiten stattdessen anzusetzen.
18. Grundfreibetrag / Unterhaltshöchstbetrag / NV-Bescheinigung
Der Grundfreibetrag ist der Teil des Einkommens, der steuerfrei belassen wird. Das heißt, es muss keine Einkommensteuer auf diesen Betrag gezahlt werden.
Der Grundfreibetrag in der Einkommensteuer soll rückwirkend für das Jahr 2024 um EUR 180,00 auf EUR 11.784,00 steigen. Das sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor (Stand 10/2024).
Erst ab dieser Grenze muss das Einkommen versteuert werden. Liegt das zu versteuernde Einkommen unter dem Grundfreibetrag und hat der Steuerpflichtige gleichzeitig Kapitalerträge oberhalb des Sparerpauschbetrages, sollte ein Antrag auf eine Nichtveranlagungs-bescheinigung beim Finanzamt gestellt werden. Damit wird verhindert, dass das Kreditinstitut Steuern auf Kapitalerträge an das Finanzamt abführt.
Die Nichtveranlagungsbescheinigung gilt für maximal drei Jahre. Damit erübrigt sich ein Freistellungsauftrag beim Kreditinstitut. Eine Ausfertigung dieser Nichtveranlagungs-bescheinigung muss dann dem Kreditinstitut übergeben werden. Der Steuerpflichtige muss dennoch eine Steuererklärung abgeben, wenn das zu versteuernde Einkommen über den Grundfreibetrag steigt.
19. Antrag auf Günstigerprüfung nach der Änderung eines Grundlagenbescheids
Wird ein Antrag auf Günstigerprüfung gemäß § 32d Abs. 6 EStG gestellt, werden die Kapitaleinkünfte anstatt dem Abgeltungssteuersatz von 25 % nach den allgemeinen Regelungen der tariflichen Einkommensteuer unterworfen. Bis zu welchem Zeitpunkt ein solcher Antrag gestellt werden kann, lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen.
Grundsätzlich kann der Antrag auf Günstigerprüfung somit als zeitlich unbefristetes Wahlrecht bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung gestellt werden. Nach der Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheids kann der Antrag allerdings nur zu einer Änderung der Einkommensteuerfestsetzung führen, wenn die Voraussetzungen einer Änderungsvorschrift erfüllt sind.
Eine solche Durchbrechung der Bestandskraft der Einkommensteuerfestsetzung liegt beispielsweise vor, wenn das Finanzamt einen Einkommensteuerbescheid wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen oder Beweismittel gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 EStG ändert (etwa wegen nachträglicher Betriebseinnahmen) und sich dadurch die festzusetzende Einkommensteuer erhöht. In diesem Fall besteht im Rahmen eines Einspruchs wieder ein Änderungsrahmen in Höhe des Betrags der erhöhten Einkommensteuerfestsetzung zugunsten des Steuerpflichtigen, sodass ein Antrag auf Günstigerprüfung der Kapitalerträge wieder möglich wäre.
Der BFH hatte sich bereits mit der Frage befasst, ob ein Antrag auf Günstigerprüfung wirksam nachträglich gestellt werden kann, wenn die Voraussetzungen des § 32d Abs. 6 EStG erst durch einen geänderten Grundlagenbescheid erstmals geschaffen werden. Dies kann etwa der Fall sein, wenn ein Antrag auf Günstigerprüfung erst nach einem geänderten Grundlagenbescheid Sinn ergibt (z. B. zunächst hohe gewerbliche Einkünfte, welche sich dann im Rahmen einer Änderung massiv mindern).
Mit seinem Urteil vom 14.07.2020 (VIII R 6/17) kam der BFH zu dem Entschluss, dass die Festsetzung der Steuer in einem Änderungsbescheid nach Eintritt der Bestandskraft, die aufgrund der im Änderungsbescheid berücksichtigten Besteuerungsgrundlagen erstmals eine erfolgreiche Antragstellung der Günstigerprüfung ermöglicht, ein rückwirkendes Ereignis i. S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist, welches einen korrekturbedürftigen Zustand auslöst und somit eine Änderung des Steuerbescheids ermöglicht.
In diesem Zusammenhang sei auf ein weiteres Revisionsverfahren hingewiesen, über welches der BFH mit Urteil vom 26.09.2023 (VIII R 10/21) entschieden hat. Hierbei ging es um die Frage, ob nach Erlass eines auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestützten Änderungsbescheids, der zu keiner Änderung der festgesetzten Einkommensteuer geführt hat, erstmals ein Antrag auf Günstigerprüfung gestellt werden kann. Der BFH entschied zugunsten der Kläger, dass die geänderte Zusammensetzung der Besteuerungsgrundlagen in einem Änderungsbescheid kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO darstellt, wenn durch den Erlass des Änderungsbescheids die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Antragstellung der Günstigerprüfung nicht erstmals auftreten.
Zusätzlich hat der BFH klargestellt, dass Besteuerungsgrundlagen aus einem Grundlagenbescheid, die das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid nicht umgesetzt hat, für die Günstigerprüfung im Hinblick auf diesen Bescheid nicht zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch, wenn das Finanzamt insoweit seiner Anpassungspflicht gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nicht genügt hat.
20. Grunderwerbsteuersätze zum 01.01.2025
Im Folgenden der Überblick über die Grunderwerbsteuersätze in Deutschland:
- 3,5 %: Bayern
- 5,0 %: Bremen, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-
Anhalt, Thüringen
- 5,5 %: Hamburg, Sachsen
- 6,0 %: Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern
- 6,5 %: Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Schleswig-Holstein
→ Bereits im Mai 2023 hatte das Bundesfinanzministerium einen Diskussionsentwurf zur Grunderwerbsteuer für Selbstnutzer mit einem Freibetrag und ermäßigten Steuersätzen an die Länder versandt. Ob es dadurch in naher Zukunft zu Änderungen der Grunderwerbsteuersätze kommen wird, bleibt abzuwarten.
21. Geplante Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht
Mit dem Jahressteuergesetz 2024 plant die Bundesregierung, die strikten Regelungen der zeitnahen Mittelverwendung in § 62 AO zu entschärfen. Die Regelung soll klarstellen, dass bei der Rücklagenbildung zur Erfüllung der ideellen Zwecke auf die Planung der steuerbegünstigten Körperschaft aus der Ex-ante-Perspektive abzustellen ist. Damit soll für steuerbegünstigte Körperschaften mehr Rechts- und Planungssicherheit geschaffen werden, um insbesondere langfristigere und mittelintensive gemeinnützige Vorhaben umsetzen zu können. Bei umfangreichen und regelmäßig sehr langfristigen Investitionsvorhaben, insbesondere im Immobiliensegment, sollen erforderliche nachträgliche Anpassungen in der Planung erlaubt werden.
In Anerkennung der Bedeutung des Ehrenamts in Deutschland hat der Bundesrat in der BR-Drs. 373/24 vom 27.09.2024 hinsichtlich des Steuerfortentwicklungsgesetzes angeregt, den Übungsleiterfreibetrag (§ 3 Nr. 23 EStG) um EUR 300,00 p. a. und die Ehrenamtspauschale (§ 3 Nr. 26a EStG) um EUR 60,00 p. a. zu erhöhen und so zumindest einen Inflationsausgleich zu schaffen. Ob dies am Ende umgesetzt wird, muss beobachtet werden.
Zudem bittet der Bundesrat, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Einführung eines abgestuften Sanktionssystems sinnvoll wäre, das erst bei schwerwiegenden und fortgesetzten Verstößen den Verlust des Gemeinnützigkeitsstatus und bei kleineren Verstößen – wie der Fehlverwendung von Mitteln – eine Sanktionszahlung vorsieht. Begründung: Nach bislang geltendem Recht droht gemeinnützigen Körperschaften grundsätzlich auch bei geringfügigen Verstößen gegen das Gemeinnützigkeitsrecht der Verlust des Gemeinnützigkeitsstatus. Finanzverwaltung und Rechtsprechung lassen Ausnahmen zu, wenn der Verlust unverhältnismäßig wäre, rechtssicherer und transparenter wäre allerdings die Einführung eines abgestuften Sanktionssystems, das erst bei schwerwiegenden und fortgesetzten Verstößen den Verlust des Gemeinnützigkeitsstatus und bei kleineren Verstößen, wie der Fehlverwendung von Mitteln, eine andere Sanktion vorsieht. Eine solche Differenzierung nähme den gemeinnützigen Organisationen die Angst vor Fehlern mit fatalen Folgen und entlastete ganz wesentlich die ehrenamtlich tätigen Verantwortungsträger. Es sollte ein Sanktionsrahmen vorgegeben werden, innerhalb dessen die Finanzverwaltung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls die Sanktionszahlung festsetzt. Die gemeinnützigen Organisationen verfügen bei der Verwirklichung ihrer Satzungszwecke über ein weites Ermessen. Das Gemeinnützigkeitsrecht sollte dem Rechnung tragen und Maßnahmen, die zunächst geeignet und angemessen erscheinen, um die Satzungszwecke zu fördern, sich aber nachträglich als nicht zielführend erweisen, nicht als gemeinnützigkeitsschädlich behandeln, sofern die Körperschaft Korrekturen vornimmt. Das gilt insbesondere für gemeinnützigkeitsrechtlich zulässige Mittelbeschaffungsaktivitäten. So muss es bei Verlusten genügen, wenn eine fehlgeschlagene Vermögensanlage wirtschaftlich vertretbar war. Hier ist an eine Übertragung der „Business Judgement Rule“, wie sie das Gesellschaftsrecht bereits seit dem Jahr 1997 kennt, auf das Gemeinnützigkeitsrecht zu denken. Hiernach haften Geschäftsführer und Vorstände dann nicht für negative Folgen unternehmerischer Entscheidungen, wenn diese auf der Grundlage angemessener Informationen, ohne Berücksichtigung sachfremder Interessen, zum Wohl des Unternehmens und in gutem Glauben gefasst worden sind. Die Prüfbitte wurde auf Anregung der Enquetekommission des Niedersächsischen Landtags erarbeitet („Rahmenbedingungen für das ehrenamtliche Engagement verbessern“) und dient der Verbesserung des ehrenamtlichen Engagements und des Ehrenamtes.
22. Folgen des MoPeG für die Grunderwerbsteuer
Durch das zum 01.01.2024 eingeführte Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) fällt künftig das Gesamthandsprinzip für Personengesellschaften weg. Ohne entsprechende Änderungen im GrEStG würde es im Falle von Grundstückseinbringungen und -entnahmen bei Personengesellschaften ab 2024 zum Anfall von Grunderwerbsteuer kommen, weil die Figur des Gesamthandsvermögens aufgegeben wird, und damit die Befreiungen nach §§ 5, 6 GrEStG nicht mehr zwingend greifen.
Um daraus resultierende Unsicherheiten in der Praxis zu verhindern, wurde im Rahmen des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes der § 24 GrEStG als Übergangsvorschrift eingeführt. Darin ist konkret geregelt, dass rechtsfähige Personengesellschaften für Zwecke der Grunderwerbsteuer als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen gelten. Durch diese Fiktion bleiben die Steuerbefreiungen nach den §§ 5 und 6 GrEStG weiterhin anwendbar. Die Regelung wurde allerdings bis zum 31.12.2026 befristet.
Die Befristung des § 24 GrEStG führt wiederum zu weiteren Unsicherheiten. Derzeit ist unklar, ob es bei den bis zum 31.12.2026 getätigten, nach den §§ 5 und 6 GrEStG steuerlich begünstigten Grundstücksübertragungen ab dem 01.01.2027 mit Außerkrafttreten der Übergangsregelung zu einer Nachversteuerung durch Verletzung der zehnjährigen Nachbehaltensfrist kommt. Dies betrifft vor allem Transaktionen nach der Einführung des neuen § 24 GrEStG. Da Steuerpflichtige bzw. ihre Berater von der zeitlich beschränkten Geltung der Übergangsvorschrift Kenntnis haben, könnten sie sich nur eingeschränkt auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen.
Da sich weder im Entwurf des 1. Jahressteuergesetzes 2024 (JStG 2024) noch des 2. Jahressteuergesetzes (JStG II 2024) eine Klarstellung des Gesetzgebers findet, was passiert, wenn der § 24 GrEStG außer Kraft tritt, bleibt abzuwarten, wie der Gesetzgeber bis zum Ablauf der Übergangsfrist reagiert. Das gilt auch für die in Planung befindliche Reform der Grunderwerbsteuer, nach der viele Tatbestände, insbesondere Transaktionen zwischen Gesellschaften und deren Gesellschaftern anders geregelt werden sollen.
23. Leistungen Dritter als grunderwerbsteuerliche Gegenleistung
Die Grunderwerbsteuer bemisst sich laut § 8 Abs. 1 GrEStG nach dem Wert der Gegenleistung. Bei einem Grundstückskauf gilt gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG als Gegenleistung der Kaufpreis. Zum Kaufpreis gehört alles, was der Käufer vereinbarungsgemäß an den Verkäufer leisten muss, um den Kaufgegenstand zu erhalten. Weiterhin kann auch ein im Verhältnis zum Grundstückswert niedriger Kaufpreis als Gegenleistung nach § 8 Abs. 1 GrEStG angesehen werden.
Mit seinem Urteil vom 25.04.2023 (II R 19/20) hat der BFH entschieden, dass auch Leistungen Dritter als Gegenleistung zählen können und somit in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer miteinfließen.
Im Streitfall beabsichtigten die C-AG und die D-GmbH, über mehrere Anteilskauf- und Übertragungsverträge eine Immobilie von der A-GmbH zu erwerben. Hierbei erwarb die A-GmbH zunächst sämtliche Anteile an der F-GmbH und übertrug noch am selben Tag die Immobilie an die F-GmbH. Als Kaufpreis wurde nur ein Teilbetrag des tatsächlichen Grundstückswerts festgelegt und die Differenz stellte die F-GmbH in die Kapitalrücklage ein. Im Vorfeld war bereits zwischen der C-AG bzw. der D-GmbH und der A-GmbH die Übertragung der Anteile der F-GmbH gegen Zahlung der Differenz zwischen Kaufpreis der F-GmbH und dem tatsächlichen Grundstückswert vereinbart worden.
Bei der Festsetzung der Grunderwerbsteuer des Finanzamtes gegenüber der F-GmbH wurden als Bemessungsgrundlage neben dem vertraglich vereinbarten Kaufpreis für die Immobilie auch die Gegenleistung, die die C-AG und die D-GmbH auf Basis des Anteilskauf- und Übertragungsvertrags an die A-GmbH zu erbringen hatte, berücksichtigt.
Der BFH teilt die Auffassung des Finanzamtes. Leistungen, die ein anderer als der Erwerber des Grundstücks dem Veräußerer als Gegenleistung dafür gewährt, dass der Veräußerer dem Erwerber das Grundstück überlässt, gehören demnach gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 4 EStG ebenfalls zur Gegenleistung. Eine Leistung eines Dritten muss in Ihrem Hauptzweck darauf gerichtet sein, dass der Verkäufer das Grundstück dem Erwerber überlässt. Hierbei ist nicht entscheidend, was die Vertragsschließenden als Gegenleistung für das Grundstück bezeichnen, sondern zu welchen Leistungen sie sich tatsächlich verpflichtet haben. Weiterhin bejaht der BFH zwar die zivilrechtliche Selbstständigkeit des Anteilskauf- und des Übertragungsvertrags, jedoch müsse sich die Leistung eines Dritten nicht aus dem Übertragungsvertrag selbst, sondern könne sich aus einer anderen vertraglichen Vereinbarung (hier aus dem Anteilskaufvertrag) ergeben.
Der BFH stellt auch klar, dass keine grunderwerbsteuerrechtliche Doppelbesteuerung vorliegt, da es sich bei dem Grundstücks- und Anteilserwerb um verschiedene Erwerbsvorgänge handelt.
BFH, Urteil vom 25.04.2023, II R 19/20
24. Grundsteuerreform – Erklärungsabgabe – Einspruchsverfahren – die neue Grundsteuer C auf „baureife Grundstücke“
Die Abgabe der Erklärungen zur Feststellung des Grundsteuerwertes auf den 01.01.2022 ist größtenteils abgeschlossen. Die ursprüngliche Abgabefrist wurde offiziell bis zum 31.01.2023 verlängert, dennoch fehlen derzeit noch ca. 10 % der Erklärungen. Hier hat die Finanzverwaltung 2024 oftmals Schätzbescheide erlassen. Dies befreit nicht von der Abgabe der Erklärungen.
Alle Eigentümerinnen und Eigentümer von bebauten oder unbebauten Grundstücken oder eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft bzw. von Flächen, die land- und forstwirtschaftlich genutzt werden, sind verpflichtet, eine Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwertes (kurz: Feststellungserklärung) elektronisch beim zuständigen Finanzamt einzureichen (in Härtefällen ist auch eine Papiererklärung möglich). Zum Teil haben die Bundesländer den Erklärungspflichtigen die Eckdaten des entsprechenden Grundstücks in einer Ausfüllhilfe zur Verfügung gestellt (Beispiel Rheinland-Pfalz, Datenstammblatt mit den Angaben aus dem Liegenschaftskataster).
Die Grundsteuer wird weiter in einem dreistufigen Verfahren berechnet:
- Grundsteuer = Grundsteuerwert x Steuermesszahl x Hebesatz
Die Kommunen (Städte und Gemeinden) sind für die Festsetzung und Erhebung der Steuer zuständig. Die auf Grundlage der Grundsteuerwerte festzusetzenden Grundsteuermess-beträge wurden den Städten und Gemeinden von den Finanzämtern zur Verfügung gestellt.
Ab dem Kalenderjahr 2025 verwenden die Kommunen erstmals die auf der Basis der neuen Grundsteuerwerte beruhenden Steuermessbeträge und setzen die zu zahlende Steuer mit neuen Hebesätzen fest. Bis dahin sind die bisherigen Werte weiterhin für die Festsetzung von Grundsteuermessbeträgen und Grundsteuer maßgeblich. Es bleibt abzuwarten, inwiefern die Erhebung aufkommensneutral ist, da die Kommunen eine sehr angespannte Finanzlage haben.
Länderöffnungsklausel
Die Bundesländer hatten die Möglichkeit, vom Bundesrecht abweichende Regelungen zu treffen (Länderöffnungsklausel). Hinsichtlich der Land- und Forstwirtschaft wenden alle Länder das Bundesmodell an. Unterschiedliche Landesregelungen betreffen allein den Bereich Grundvermögen.
Rheinland-Pfalz wendet das Bundesrecht an, ebenso Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. Das Saarland und Sachsen nutzen auch die Bundesregelung, weichen jedoch bei der Höhe der Steuermesszahl ab.
Folgende Bundesländer haben eigene Regelungen getroffen: Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen.
Bezüglich der laufenden Verfahren zur Grundsteuer (Bundesmodell) gibt es aktuell folgenden Sachstand (Quelle: haufe.de):
Ansatzpunkte für einen Einspruch wegen möglicher Verfassungswidrigkeit der neuen Grundsteuerwerte: Inzwischen gehen dem Vernehmen nach bei den Finanzämtern nach wie vor täglich „waschkörbeweise“ Einsprüche gegen die Feststellungen der Grundsteuerwerte auf den 01.01.2022 ein, mit denen insbesondere verfassungsrechtliche Zweifel an den neuen Regelungen geltend gemacht werden. Die Flut der Einspruchsverfahren ist keinesfalls rückläufig, denn die Finanzämter sind zwischenzeitlich dazu übergegangen, in den Fällen, in denen betroffene Steuerpflichtige keine Feststellungserklärungen zur Grundsteuer abgegeben haben, die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO zu schätzen. Während die Steuerpflichtigen in den sog. „Schätzungsfällen“ in einem ersten Schritt zunächst eine Feststellungserklärung zur Grundsteuer abgeben bzw. die Abgabe zumindest in Aussicht stellen, gehen die einspruchsführenden Steuerpflichtigen hinsichtlich der Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der neuen Grundsteuerwerte regelmäßig von folgenden Erwägungen aus (vgl. hierzu auch die Beschlüsse des FG Rheinland-Pfalz vom 23.11.2023, 4 V 1295/23, EFG 2024, S. 93 und 4 V 1429/23, EFG 2024, S. 135):
Die neuen Bewertungsverfahren sowohl im Bereich des Grundvermögens als auch im Bereich des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens sehen aus Vereinfachungsgründen umfassende Typisierungen vor. Nach der Rechtsprechung des BVerfG steht es dem Gesetzgeber zwar grundsätzlich frei, bestimmte Bewertungsparameter typisierend festzulegen und deren Rechtsverbindlichkeit bei der Bewertung von Grundbesitz anzuordnen, solange die Grenzen der Typisierung eingehalten sind. Die Typisierung, die der Bewertung zugrunde liegt, rechtfertigt aber keine Verletzung des Übermaßverbots im Einzelfall.
Das Übermaßverbot ist verletzt, wenn die Folgen einer schematisierenden Belastung extrem über das normale Maß hinausgehen, das der Schematisierung zugrunde liegt, oder – anders ausgedrückt – die Folgen auch unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Planvorstellungen durch den gebotenen Anlass nicht mehr gerechtfertigt sind (vgl. z. B. BFH, Urteil vom 02.07.2004, II R 22/02, BFH/NV 2004, S. 1519, m. w. N.).
Der Gesetzgeber hat sich im Bundesmodell dafür entschieden, den typisiert ermittelten Grundstückswert als Belastungswert heranzuziehen. Hierbei akzeptiert er aber extreme Nivellierungen der Grundsteuerwerte durch die typisierte Bewertung. Das Bundesmodell sieht keine gesetzliche Möglichkeit vor, einen niedrigeren gemeinen Wert als den sich nach den Bewertungsvorschriften des BewG ergebenden nachzuweisen. Die Möglichkeit des Nachweises von tatsächlich niedrigeren Bodenrichtwerten (oder auch Vergleichsmieten) gebietet aber das grundgesetzliche Übermaßverbot. Für das Bundesmodell muss daher die Möglichkeit eröffnet werden, durch ein Gutachten oder sonstige aussagekräftige Unterlagen nachzuweisen, dass der tatsächliche Bodenwert des Grundstücks erheblich von dem nach § 247 Abs. 1 Satz 2 BewG unangepassten Bodenrichtwert abweicht (vgl. hierzu auch die Beschlüsse des BFH vom 27.05.2024, II B 78/23 [AdV] und II B 79/23 [AdV] sowie die koordinierten Ländererlasse (Oberste Finanzbehörden der Länder vom 24.06.2024, S 3017, BStBl 2024 I S. 1073). Zudem stehen die finanziellen Auswirkungen der Grundsteuer erst nach Festsetzung der nachfolgenden Grundsteuerbescheide durch die Gemeinden fest. Zu diesem Zeitpunkt werden die Grundsteuerwertbescheide (als Grundlagenbescheide) jedoch regelmäßig bereits bestandskräftig sein. Die Rechtsfolgen der Grundsteuerwertbescheide lassen sich damit in Ermangelung angepasster Hebesätze bis zum Ende der Rechtsbehelfsfrist der Grundlagenbescheide nicht absehen. Dies könnte gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip resultierende Bestimmungsgebot, das auch im Steuerrecht gilt, verstoßen.
Das Bestimmungsgebot besagt, dass der Bürger erkennen muss, welche Rechtsfolgen sich aus seinem Verhalten ergeben können. Die staatliche Reaktion auf sein Handeln muss also voraussehbar sein, andernfalls bestünde die Gefahr einer staatlichen Willkür. Der Bestimmtheitsgrundsatz schafft also Rechtssicherheit.
Die Finanzverwaltung weist derartige Einsprüche – soweit hier bekannt – entgegen ihrer in vergleichbaren Fällen üblichen Vorgehensweise überwiegend nicht als unbegründet zurück, sondern bringt die Einspruchsverfahren mit Zustimmung der Einspruchsführer nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO zum Ruhen bzw. ruhten die Einspruchsverfahren bislang wegen der beim BFH anhängigen Beschwerdeverfahren II B 78/93 (AdV) und II B 79/23 (AdV) nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO kraft Gesetzes (sog. Zwangsruhe). Ob die Finanzämter in den Einspruchsverfahren, in denen sich Steuerpflichtige (ausschließlich) auf die Verfahren II B 78/93 (AdV) und II B 79/23 (AdV) berufen haben, nunmehr Fortsetzungsmitteilungen nach § 363 Abs. 2 Satz 4 AO erlassen werden, bleibt abzuwarten.
Das Ruhen der Einspruchsverfahren bei den Finanzämtern ist aus unserer Sicht sinnvoll und zu begrüßen, denn ansonsten würde den Finanzgerichten eine nicht zu bewältigende „Klagewelle“ drohen.
Weitere Informationen unter www.grundsteuerreform.de
Die neue Grundsteuer C auf „baureife“ Grundstücke
Der Gesetzgeber hat es den Gemeinden ermöglicht, eine optionale Grundsteuer C zu erheben. Gemeinden können einen erhöhten Hebesatz auf baureife Grundstücke festsetzen. Damit soll der finanzielle Nutzen der Grundstücke als Spekulationsobjekte verringert werden. Die Möglichkeit, eine Grundsteuer C zu erheben, besteht bei der Hauptveranlagung auf den 01.01.2025.
B. INFORMATIONEN FÜR UNTERNEHMER, FREIBERUFLER, ARBEITGEBER
1. Corona-Wirtschaftshilfen: Schlussabrechnung – Fristen
Alle Unternehmen, die eine der Corona-Wirtschaftshilfen, Überbrückungshilfe I bis IV sowie Novemberhilfe und Dezemberhilfe, durch prüfende Dritte beantragt haben, sind verpflichtet, eine Schlussabrechnung einzureichen. Voraussetzung ist, dass ein Bewilligungs- bzw. Teilablehnungsbescheid für die beantragten Programme vorliegt.
Die Frist zur Einreichung der Schlussabrechnung der Corona-Wirtschaftshilfen durch die prüfenden Dritten endete am 31.10.2023. Sofern eine Fristverlängerung beantragt wurde, war die Schlussabrechnung bis spätestens 30.09.2024 einzureichen.
In allen Fällen, in denen bis zum 15.10.2024 keine Schlussabrechnung eingereicht wurde, werden direkt im Anschluss entsprechende Anhörungsverfahren beginnen. Diese Verfahren sind notwendig, da das Nichteinreichen der Schlussabrechnung die vollständige Rückzahlung der erhaltenen Gelder zur Folge hätte. Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme sowie zur nachträglichen Einreichung der Schlussabrechnung bis zum 30.11.2024 eingeräumt werden. Im Anschluss daran werden entsprechende Rückforderungsmaßnahmen eingeleitet werden. Eine nachträgliche Einreichung wird dann allenfalls noch in begründeten Einzelfällen nach Rücksprache mit der Bewilligungsstelle möglich sein.
Für vorläufig bewilligte Anträge, zu denen keine fristgerechte Schlussabrechnung einging, haben die Bewilligungsstellen das Mahn- und Anhörungsverfahren eingeleitet. Bitte beachten Sie das Schreiben der Bewilligungsstelle, um eine Rückforderung des Förderbetrages zu vermeiden. Die Fristen gelten nicht für die Endabrechnung der Neustarthilfen, deren Einreichungsverfahren bereits seit Längerem abgeschlossen sind.
Weitere Informationen ergeben sich aus dem Portal www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de.
2. Ertragsteuerliche Behandlung der Coronahilfen
Bund und Länder leisteten aufgrund diverser Rechtsgrundlagen
· Soforthilfen des Bundes für kleine Unternehmen, Soloselbstständige und Angehörige der freien Berufe zur Milderung der finanziellen Notlagen dieser Unternehmen aufgrund der Coronakrise,
· Überbrückungshilfen des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen, Soloselbstständige und Angehörige der freien Berufe, die ihren Geschäftsbetrieb im Zuge der Coronakrise ganz oder zu wesentlichen Teilen einstellen müssen oder mussten,
· andere Soforthilfen, Überbrückungshilfen oder vergleichbare Billigkeitsleistungen des Bundes oder des jeweiligen Landes für Unternehmen, Soloselbstständige und Angehörige der freien Berufe anlässlich der Coronakrise (nachfolgend als Coronazuschüsse bezeichnet).
Bei diesen Coronazuschüssen handelt es sich um steuerpflichtige Betriebseinnahmen. Da für die Coronazuschüsse regelmäßig keine Steuerbefreiung greift, wirken sie sich gewinnerhöhend aus. Die Coronazuschüsse sind bei Ermittlung des Gewinns nach § 4 Abs. 1 EStG ggf. in Verbindung mit § 5 EStG (E-Bilanz) oder nach § 4 Abs. 3 EStG (Anlage EÜR) als steuerpflichtige Betriebseinnahmen zu erfassen. Bei der Gewinnermittlung nach § 13a EStG sind die Coronazuschüsse mit dem Grundbetrag abgegolten.
Um spätere Rückfragen der Finanzverwaltung zu vermeiden, wird empfohlen, die Coronazuschüsse wie folgt in der Gewinnermittlung zu erfassen:
· Bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG steht für die Erfassung der Zahlungen in der Anlage EÜR eine Zeile zur Verfügung; bei umsatzsteuerlichen Kleinunternehmern sind die Zahlungen ebenfalls in der Anlage EÜR zu erfassen.
· Bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG ggf. i. V. m. § 5 EStG sollten die Erträge in der E-Bilanz unter der nachfolgenden Taxonomieposition erfasst werden: − „sonstige betriebliche Erträge (GKV), Zuschüsse und Zulagen, sonstige Zuschüsse und Zulagen“ bzw. − in der Oberposition (Mussfeld) „sonstige betriebliche Erträge (GKV), Zuschüsse und Zulagen“.
Entsteht der Anspruch auf Corona-Finanzhilfen rechtlich erst nach dem Abschlussstichtag, müssen dafür aktivierte Beträge, die einen größeren Umfang haben, im Anhang erläutert werden. Der Ertrag aus der Vereinnahmung von Krisen-Finanzhilfen ist ein Ertrag von außergewöhnlicher Bedeutung. Der Betrag, sofern nicht von untergeordneter Bedeutung, und die Art der einzelnen Erträge sind im Anhang anzugeben.
3. Gesetzlicher Mindestlohn 2025
Der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn ändert sich ab Januar 2025 auf EUR 12,82.
Aktuell liegt der Mindestlohn noch bei EUR 12,41 je Zeitstunde.
Mindestlohn für Auszubildende
Die Höhe der monatlichen Mindestvergütung nach § 17 Abs. 2 Satz 1 des Berufsbildungsgesetzes beträgt, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 01.012025 bis zum 31.12.2025 begonnen wird,
§ im 1. Jahr einer Berufsausbildung EUR 682,00 (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Berufsbildungsgesetzes),
§ im 2. Jahr einer Berufsausbildung EUR 805,00 (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Berufsbildungsgesetzes),
§ im 3. Jahr einer Berufsausbildung EUR 921,00 (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 des Berufsbildungsgesetzes) und
§ im 4. Jahr einer Berufsausbildung EUR 955,00 (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 des Berufsbildungsgesetzes).
4. Lohnfortzahlung bei Krankheit, Urlaub und an Feiertagen
4.1 Lohnfortzahlung bei Krankheit
Während der Krankheit wird das Entgelt weitergezahlt, das der Arbeitnehmer ohne die Arbeitsunfähigkeit bezogen hätte. Tariferhöhungen oder Arbeitszeitverkürzungen wirken sich auf die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall aus. Es gilt somit das Lohnausfallprinzip (aktuelle, gegenwartsbezogene Betrachtungsweise).
In Tarifverträgen wird häufig als Berechnungsgrundlage für die Lohnfortzahlung der Durchschnittsverdienst festgelegt. Sobald der Stundenlohn erhöht wird, ist der Durchschnittswert anzupassen. Es erfolgt eine Neubewertung der Stunden des Durchschnittszeitraums mit dem geänderten Stundenlohn.
Zum fortzuzahlenden Entgelt gehören auch Gefahren-, Erschwernis-, Nacht-, Sonntags- oder Feiertagszuschläge sowie zusätzlich zum Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte vermögenswirksame Leistungen.
Wenn ein Arbeitnehmer an einem Sonntag oder einem Feiertag hätte arbeiten müssen, jedoch wegen Krankheit ausfällt, muss die Lohnfortzahlung einen vereinbarten Sonntags- bzw. Feiertagszuschlag enthalten. Einen gesetzlichen Anspruch auf Lohnzuschlag für Sonn- und Feiertagsarbeit gibt es nicht. Wird er den anderen Arbeitnehmern gewährt, ist der Zuschlag auch dem erkrankten Arbeitnehmer zu gewähren.
Überstundenvergütungen und -zuschläge, Auslagenersatz, Auslösungen, Fahrkostenzuschüsse sowie Schmutzzulagen finden bei der Ermittlung des Arbeitsentgeltes keine Berücksichtigung.
Dem Arbeitnehmer muss für die regelmäßige Arbeitszeit das zustehende Arbeitsentgelt fortgezahlt werden. Probleme gab es in der Vergangenheit bezüglich der Definition von Überstunden bzw. der Festlegung der maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit.
Klarheit schaffte hierzu ein Grundsatzurteil vom Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Danach müssen bei der Lohnfortzahlung regelmäßige Überstunden berücksichtigt werden. Arbeitet ein Arbeitnehmer mit einer gewissen Regelmäßigkeit über die tarifliche oder betriebsübliche Arbeitszeit hinaus, ist die individuelle regelmäßige Arbeitszeit nach dem Durchschnitt eines Referenzzeitraums von 12 Monaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit zu bestimmen. Wenn das Arbeitsverhältnis bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit weniger als 12 Monate bestanden hat, ist der gesamte Zeitraum maßgebend.
Der Arbeitgeber trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass in diesem Zeitraum Überstunden geleistet wurden, die zu einer Minderung der durchschnittlichen maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit führen.
4.2 Lohnfortzahlung bei Urlaub
Das Urlaubsentgelt ist die Lohnfortzahlung während des Urlaubs. Hierauf besteht ein gesetzlicher Anspruch. Das Urlaubsentgelt wird als laufender Arbeitslohn behandelt. Folglich gibt es keine Besonderheiten bei der Berechnung der Lohnsteuer und der Sozialversicherungsbeiträge.
Gemäß § 11 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz bemisst sich das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat.
Hieraus ergibt sich folgende Aufteilung:
Arbeitsverdienst im Sinne des § 11 Bundesurlaubsgesetz | aus der Durchschnittsberechnung herausfallende Lohnbestandteile |
· Grundlohn · bei Azubis die Ausbildungsvergütung · alle gezahlten Erschwernis- und Leistungszuschläge · Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit · Provisionen · Sachbezüge | · der für Überstunden gezahlte Arbeitslohn (Grundlohn und Überstundenzuschlag) · möglicherweise gezahlte einmalige Zuwendungen (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Prämien, Jubiläumszuwendungen …) · Reisekostenersatz |
Strittig ist, wie hoch der Lohnanspruch ist, wenn der Arbeitnehmer regelmäßig Überstunden geleistet hat.
Grundsätzlich ist die für den Arbeitnehmer übliche regelmäßige Arbeitszeit laut Arbeitsvertrag zu vergüten. Weicht die Regelung des Arbeitsvertrages jedoch von dem tatsächlich gelebten Arbeitsverhältnis ab, ist auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen.
Beispiel:
Beträgt die regelmäßige Arbeitszeit 30 Stunden wöchentlich und sind im Arbeitsvertrag nur 20 Stunden wöchentlich vereinbart, besteht im Urlaubs- bzw. Krankheitsfall Anspruch auf Bezahlung von 30 Stunden wöchentlich.
Bei dieser Vorgehensweise findet das Durchschnittsprinzip Anwendung. Die Vorschrift zur Berechnung des Durchschnittsverdienstes der letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs stammt noch aus früherer Zeit. Bei einer monatlichen Lohnabrechnung ist diese Regelung ungeeignet. Allein aus Praktikabilitätsgründen kann aber keine abweichende Regelung vereinbart werden. Nach § 13 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz kann von der Regelung des § 11 Bundesurlaubsgesetz nur in Tarifverträgen abgewichen werden.
In der Praxis werden die letzten drei abgerechneten Monate zur Durchschnittsberechnung herangezogen.
4.3 Lohnfortzahlung an einem gesetzlichen Feiertag
Gesetzliche Grundlage ist das Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG). Einen Anspruch auf Lohnfortzahlung an gesetzlichen Feiertagen haben alle Arbeitnehmer (also auch Aushilfskräfte, Teilzeitbeschäftigte und Auszubildende). Der Anspruch auf Feiertagsbezahlung besteht unabhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses und des Umfangs der zu leistenden Arbeitszeit.
Gemäß § 2 Abs. 1 EntgFG hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte für die Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertages ausfällt. Diese Anspruchsvoraussetzung ist erfüllt, wenn ein Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer sonst regelmäßig zur Arbeitsleistung verpflichtet ist, für ihn infolge eines Feiertags ausfällt.
Im umgekehrten Fall muss ein Arbeitgeber kein Arbeitsentgelt zahlen, wenn im Rahmen einer flexiblen Arbeitszeitregelung ein freier Tag auf einen gesetzlichen Feiertag fällt. Fällt ein Feiertag auf einen nach einem Dienstplan regelmäßig für den Arbeitnehmer arbeitsfreien Tag, besteht kein Anspruch auf Feiertagsvergütung. Die Arbeit fällt an diesem Tag infolge des Dienstplans aus und nicht infolge des Feiertags.
Um einen Gestaltungsmissbrauch zu verhindern, hat das Bundesarbeitsgericht bereits am 09.10.1996 festgelegt: „Die dienstplanmäßige Freistellung des Arbeitnehmers am Feiertag schließt dessen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nur dann aus, wenn sich die Arbeitsbefreiung aus einem Schema ergibt, das von der Feiertagsruhe an bestimmten Tagen unabhängig ist.“
Voraussetzung für die Lohnfortzahlung bei Teilzeitbeschäftigten ist, dass die Arbeitszeit auch tatsächlich für den Wochentag festgelegt ist, auf den dann der Feiertag fällt. Wenn in einem Unternehmen für Wochen mit einem gesetzlichen Feiertag der Arbeitszeitplan geändert wird, liegt eine Diskriminierung vor. Damit ist eine arbeitsrechtliche Handhabe nach § 4 TzBfG (Verbot der Diskriminierung) möglich.
Aufgrund des Lohnausfallprinzips hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf das Arbeitsentgelt, das er erhalten hätte, wenn die Arbeitsleistung nicht infolge des Feiertages ausgefallen wäre. Bei der Entgeltfortzahlung für Feiertage sind demzufolge auch Überstunden und Überstundenzuschläge, die an dem Feiertag angefallen wären, zu berücksichtigen. Weiterhin sind auch Zulagen und Zuschläge zu berücksichtigen.
Wenn bei der Berechnung des Fortzahlungsanspruchs Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit berücksichtigt wurden, können diese nicht wie der gezahlte Zuschlag steuer- und beitragsfrei bleiben. Steuerfreiheit kommt in bestimmten Grenzen nur für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit in Betracht.
Für einen Gehaltsempfänger ergeben sich durch einen Feiertag keine Besonderheiten. Wer feste Bezüge ohne Rücksicht auf die Zahl der Arbeitsstunden erhält, hat infolge eines Feiertags keinen Verdienstausfall. Bei Gehaltsempfängern wird das Gehalt an den Feiertagen weitergezahlt.
Kein Anspruch auf Bezahlung des Feiertags besteht, wenn die Arbeit aus anderen Gründen, z. B. wegen eines Arbeitskampfes oder aus witterungsbedingten Gründen, ausgefallen wäre. Gemäß § 2 Abs. 3 EntgFG hat ebenfalls derjenige keinen Anspruch auf Bezahlung für den Feiertag, der am letzten Arbeitstag vor oder am ersten Arbeitstag nach einem Feiertag unentschuldigt nicht zur Arbeit erschienen ist.
5. Steuerliche Behandlung von Sachzuwendungen
Bei der steuerlichen Beurteilung von Sachzuwendungen unterscheidet man grundsätzlich zwischen Sachzuwendungen an Geschäftsfreunde bzw. sonstige Nichtarbeitnehmer und den Sachzuwendungen an eigene Arbeitnehmer.
Unter Sachzuwendungen fallen Geschenke, die ohne rechtliche Verpflichtung und ohne Erwartung einer Gegenleistung zugewendet werden. Geldgeschenke fallen nicht hierunter.
Bei Geschenken gelten besondere Aufzeichnungspflichten. Wird diese Aufzeichnungspflicht nicht erfüllt, ist ein Abzug der Aufwendung und der darin enthaltenen Vorsteuer nicht zulässig.
5.1 Sachzuwendungen an Arbeitnehmer
5.1.1 Sachzuwendungen aus besonderem Anlass
Hierunter fallen Gelegenheitsgeschenke wie z. B. Blumen und Bücher, die vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer oder seinen Angehörigen aus besonderem persönlichem Anlass (z. B. Geburtstag, Heirat, Geburt eines Kindes) gewährt werden. Diese Geschenke sind lohnsteuer- und beitragsfrei, sofern sie den Wert i. H. v. EUR 60,00 einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen.
Übersteigt der Wert der Sachzuwendung diese Freigrenze, so ist diese Zuwendung in vollem Umfang steuer- und beitragspflichtig.
Die Freigrenze i. H. v. EUR 60,00 ist kein Jahresbetrag, sondern kann unter Umständen mehrfach im Jahr oder gar mehrfach im Monat ausgeschöpft werden (z. B. Sachgeschenke zum Namenstag, Geburtstag, zur Verlobung oder zur Einschulung des Kindes).
5.1.2 Sachzuwendungen ohne besonderen Anlass
Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern ohne besonderen Anlass ab dem 01.01.2022 monatlich Sachbezüge bis EUR 50,00 einschließlich Umsatzsteuer lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei zur Verfügung stellen. Sachbezüge sind Zusatzleistungen vom Arbeitgeber, wie zum Beispiel Tankgutscheine, Essensgutscheine, ein Jobticket und die betriebliche Krankenversicherung (bKV). Bis zur Sachbezugsfreigrenze sind diese Leistungen für Arbeitgeber steuer- und sozialversicherungsfrei.
Diese Sachzuwendung existiert zusätzlich zu der Sachzuwendung aus besonderem Anlass.
In die Ermittlung des geldwerten Vorteils sind nach Auffassung des BFH Versand- und Verpackungskosten mit einzubeziehen, wenn die Ware direkt zum Arbeitnehmer nach Hause geliefert wird. Es sind jedoch strenge Vorgaben zu beachten. Unter diese Sachzuwendungen fallen bspw. Tank- und Geschenkgutscheine sowie Jobtickets.
5.1.2.1 Tank- und Geschenkgutscheine
Ab 2020 gibt es neue Abgrenzungen zwischen Barlohn und Sachlohn. Zu den Einnahmen in Geld (Barlohn) und somit nicht begünstigt gehören:
· Zweckgebundene Geldleistungen
· Nachträgliche Kostenerstattungen
· Geldkarten
Zu den Einnahmen als Sachlohn und somit begünstigt gehören:
· Gutscheine, die keine Zahlungsdienste sind
· Closed-Loop-Karten (z. B. aufladbare Geschenkkarten)
o Diese berechtigen dazu, nur vom Aussteller des Gutscheins Waren oder Dienstleistungen zu beziehen.
· Controlled-Loop-Karten (z. B. Centergutscheine oder City-Cards)
o Diese können nur bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen eingelöst werden.
Somit sind z. B. eBay-Gutscheine nicht mehr begünstigt. Auch Amazon-Gutscheine sind als kritisch anzusehen. Es sei denn, es ist sichergestellt und erkennbar, dass der Verkauf und die Versendung nur durch Amazon Deutschland abgewickelt werden und eine Rückgabe gegen Entgelt ausgeschlossen ist.
Aufzeichnungen im Lohnkonto
Für die Anwendung der 50-EUR-Freigrenze muss der Arbeitgeber jeden einzeln gewährten Sachbezug im Lohnkonto unter Angabe des Wertes und des Zufluss-Zeitpunktes festhalten.
Unter Zufluss-Zeitpunkt festlegen versteht die Finanzverwaltung, dass der Arbeitnehmer die Übergabe des Gutscheins mit Datum und Unterschrift bestätigt.
Beim Zufluss des Sachlohns sind bei den Gutscheinen zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden. Ist der Gutschein beim Arbeitgeber selbst einzulösen, fließt der Vorteil erst im Zeitpunkt der Einlösung des Gutscheins zu (R 38.2 Abs. 3 S. 2 LStR). Gutscheine hingegen, die bei einem fremden Dritten einzulösen sind, gelten bereits mit der Übergabe an den Arbeitnehmer als zugeflossen, weil er ab diesem Zeitpunkt einen Rechtsanspruch gegen den Dritten hat (R 38.2 Abs. 3 S. 1 LStR).
Damit bei regelmäßiger Gutscheinhingabe nicht versehentlich die Monatsgrenze überschritten wird, sollten sich Arbeitgeber den Empfang vom Arbeitnehmer unter Angabe des Datums quittieren lassen.
Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung für Warengutscheine könnte wie folgt aussehen:
Arbeitsvertragliche Vereinbarung für Warengutscheine
zwischen
Arbeitgeber:
und
Arbeitnehmer:
1. Der Arbeitgeber gewährt dem Arbeitnehmer neben dem Gehalt einen steuerfreien Sach- bezug im Wert von EUR 50,00 (brutto) monatlich, in Form eines Gutscheins.
2. Der Arbeitnehmer darf den Gutschein nur gegen Ware und nicht gegen Bargeld einlösen.
3. Der Arbeitnehmer hat den Erhalt des Gutscheins mit Datum und Unterschrift zu bestätigen.
4. Die Zahlung erfolgt ohne Anerkennung einer Rechtspflicht freiwillig und unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs. Auch bei wiederholter Zahlung wird kein Rechts- anspruch für die Zukunft begründet. Der Widerruf kann sowohl auf wirtschaftliche Gründe als auch auf Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers gestützt werden.
------------------------------ ------------------------------ -----------------------------
Datum Arbeitgeber Arbeitnehmer
Bei der Bewertung von Sachbezügen wird als Ausgangswert grundsätzlich der um übliche Preisnachlässe geminderte Endpreis am Abgabeort im Zeitpunkt der Abgabe angesetzt (§ 8 Abs. 2 S. 1 EStG). Aus Vereinfachungsgründen können 96 % des Endpreises angesetzt werden, zu dem sie der Abgebende fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet. Dies gilt jedoch nicht für Gutscheine.
5.1.2.2 Pauschalierung der Lohnsteuer für Sachzuwendungen an eigene Arbeitnehmer
Nach § 37b Abs. 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer für Sachzuwendungen an eigene Arbeitnehmer, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden (z. B. Geschenke, die die Freigrenzen übersteigen), bis zu einem Höchstbetrag von EUR 10.000,00 mit 30 % pauschal besteuern (zuzüglich Solidaritätszuschlag und pauschaler Kirchensteuer). Die Pauschalierung wird also nur in den Fällen zugelassen, in denen die Sachzuwendungen zusätzlich zu dem ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden. Hinsichtlich der Sozialversicherung ist keine Pauschalierung möglich. Im Falle des Überschreitens der Freigrenze besteht Sozialversicherungspflicht.
Sachbezüge, die im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden (z. B. Aufmerksamkeiten) und steuerfreie Sachbezüge (z. B. Gesundheitsförderung), unterliegen von vornherein nicht der Pauschalbesteuerung.
Auch Sachzuwendungen an ausländische Arbeitnehmer, die in Deutschland nicht steuerpflichtig sind, sind nicht in die Pauschalierungsvorschrift einzubeziehen.
Die Pauschalierung nach § 37b EStG ist zudem ausgeschlossen, wenn der Sachbezug nach § 40 Abs. 2 EStG pauschal mit 15 % oder 25 % besteuert werden kann.
5.2 Sachzuwendungen an Geschäftspartner bzw. Nichtarbeitnehmer
5.2.1 Auf der Seite des Zuwendenden
5.2.1.1 Betriebsausgabenabzug
Ausgaben für Geschenke an Geschäftsfreunde werden nur unter folgenden Voraussetzungen als Betriebsausgabe anerkannt und können somit steuermindernd berücksichtigt werden:
· Betriebliche Veranlassung
Nur Zuwendungen an Dritte, für die es eine betriebliche Veranlassung gibt, können als Betriebsausgabe angesetzt werden. Nicht erforderlich ist hingegen, dass ein Geschenk als Werbeträger gekennzeichnet sein muss. Es können daher auch Geldgeschenke und Geschenkgutscheine verschenkt werden.
Aktuell liegt der Höchstbetrag hierfür bei EUR 50,00.
Aufwendungen für betrieblich veranlasste Geschenke an Geschäftsfreunde, Kunden und weitere nicht eigene Arbeitnehmer können nur bis zur Höhe von zusammengerechnet EUR 50,00 pro Empfänger und Kalenderjahr steuerlich als Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Zu den Kosten eines Geschenks zählen dabei auch die Kosten einer Kennzeichnung des Geschenks als Werbeträger sowie die Umsatzsteuer, sofern das schenkende Unternehmen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Verpackungs- und Versandkosten werden nicht angesetzt. Liegen die Aufwendungen für die Geschenke über EUR 50,00, scheitert der Betriebsausgabenabzug. Bei der 50-EUR-Grenze handelt es sich nicht um einen Freibetrag, sondern um eine Freigrenze. Allerdings ist bei der Prüfung der 50-EUR-Freigrenze aus Vereinfachungsgründen allein auf den Betrag der Zuwendung abzustellen. Übernimmt der Zuwendende für den Beschenkten die Versteuerung als Einnahme, ist die übernommene Steuer also nicht mit einzubeziehen.
Hinweis: Die 50-EUR-Grenze findet bei Gegenständen, die ausschließlich beruflich und nicht privat genutzt werden können, keine Anwendung. So darf zum Beispiel ein Arztkoffer für einen Arzt oder ein Spezialwerkzeug für einen Handwerker auch dann steuermindernd abgezogen werden, wenn die Aufwendungen die 50-EUR-Grenze überschreiten.
· Aufzeichnung der Aufwendungen
Die Aufwendungen für Geschenke werden nur dann als Betriebsausgabe anerkannt, wenn sie einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben zeitnah aufgezeichnet werden. Gleichzeitig muss der Name des Empfängers aus der Buchung oder dem Buchungsbeleg zu ersehen sein. Letzteres ist lediglich entbehrlich, wenn im Hinblick auf die Art des Geschenks wie bei Taschenkalendern, Kugelschreibern und wegen des geringen Werts des einzelnen Geschenks die Vermutung besteht, dass die Freigrenze bei dem einzelnen Empfänger im Wirtschaftsjahr nicht überschritten wird.
Nur wenn die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind, sind die Aufwendungen für ein Geschenk als Betriebsausgabe abzugsfähig.
5.2.1.2 Pauschalierungsmöglichkeit, mit der der Zuwendende die Einkommensteuer
des Beschenkten pauschal übernehmen kann
Der Zuwendende hat die Möglichkeit einer Pauschalierung mit einem Pauschalsteuersatz von 30 % + Solidaritätszuschlag + Kirchensteuer (§ 37b EStG).
Die Pauschalierung nach § 37b Abs. 1 EStG findet Anwendung bei Geschenken, aber auch bei Sachzuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin erbrachten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden. Damit werden sämtliche Sachzuwendungen von der Pauschalierungsmöglichkeit erfasst, unabhängig davon, ob der Zuwendende die Geschenkaufwendung nach den oben dargestellten Grundsätzen als Betriebsausgabe abziehen darf. Die Pauschalsteuer ist als Betriebsausgabe nur dann abziehbar, wenn der Schenker die Sachzuwendung in vollem Umfang nach den oben genannten Grundsätzen (insbesondere unter Berücksichtigung der 35-EUR-Grenze) als Betriebsausgabe abziehen kann.
Von § 37b EStG werden nur solche Zuwendungen erfasst, die betrieblich veranlasst und die beim Empfänger dem Grunde nach zu steuerbaren und steuerpflichtigen Einkünften führen.
Als Bemessungsgrundlage für die Pauschalierung wird auf die tatsächlichen Kosten des Zuwendenden einschließlich Umsatzsteuer abgestellt.
Für Zuwendungen, die nicht in die Bemessungsgrundlage des § 37b EStG einzubeziehen sind, hat der Zuwendende neben den für den Betriebsausgabenabzug bestehenden Aufzeichnungspflichten zusätzlich durch geeignete Aufzeichnungen darzulegen, dass diese Zuwendungen beim Empfänger nicht steuerbar und steuerpflichtig sind. Die Empfänger der Zuwendungen müssen auf Verlangen der Finanzbehörde genau benannt werden können.
Die Pauschalierung kann nicht angewandt werden, soweit die Aufwendungen je Empfänger und Wirtschaftsjahr insgesamt den Bruttobetrag von EUR 10.000,00 übersteigen oder wenn die Aufwendungen für die einzelne Zuwendung den Betrag von EUR 10.000,00 übersteigen.
Beispiel:
Erhält ein Geschäftsfreund drei Zuwendungen von je EUR 4.000,00, ist die Pauschalierung nicht nur auf die ersten beiden Zuwendungen anwendbar, sondern auch die Hälfte der Aufwendungen für die dritte Zuwendung muss in die Pauschalbesteuerung einbezogen werden. Erhält ein Geschäftsfreund jedoch eine Zuwendung im Wert von EUR 12.000,00, ist die Pauschalierung auf diese Zuwendung insgesamt nicht anwendbar.
Zu beachten ist, dass das Wahlrecht zur Anwendung der Pauschalierung der Einkommensteuer einheitlich für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gegenüber Dritten gewährten Zuwendungen auszuüben ist. Dies verlangt eine einheitliche Handhabung für alle betrieblich veranlassten Zuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden, aber auch alle Geschenke unterhalb der geplanten 50-EUR-Freigrenze. Lediglich Sachzuwendungen, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten EUR 10,00 nicht übersteigen, sind als Streuwerbeartikel anzusehen und fallen daher nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift. Gleiches gilt für die Teilnahme an geschäftlich veranlassten Bewirtungen.
Macht der Schenker von der Pauschalierung Gebrauch, ist er verpflichtet, den Beschenkten hierüber zu unterrichten.
Durch eine zum 01.01.2009 in Kraft getretene Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung sind gemäß § 37b EStG pauschal besteuerte Sachleistungen an Arbeitnehmer von Geschäftsfreunden auch von der Beitragspflicht zur Sozialversicherung freigestellt, soweit die Arbeitnehmer nicht Arbeitnehmer eines mit dem Zuwendenden verbundenen Unternehmens sind.
5.2.2 Versteuerung auf der Seite des Zuwendungsempfängers
Oberhalb der 10-EUR-Grenze sind die Zuwendungen grundsätzlich als geldwerte Vorteile zu versteuern. Eine Ausnahme hiervon gilt, wenn der Schenker von der Möglichkeit der Pauschalbesteuerung Gebrauch gemacht hat. Durch die Pauschalversteuerung wird der Zuwendungsempfänger aus der Steuerschuldnerschaft entlassen. Dies gilt auch, soweit der Zuwendungsempfänger körperschaftsteuerpflichtig ist.
6. Betriebsveranstaltungen, kein höherer Freibetrag ab 01.01.2024
Der Entwurf des Wachstumschancengesetzes sah eine Erhöhung des ertragsteuerlichen Freibetrags von bislang EUR 110,00 auf EUR 150,00 vor.
Dies trat jedoch nicht in Kraft.
Der Freibetrag liegt weiterhin bei EUR 110,00.
Die Lohnsteuer bemisst sich dann nur für den Betrag, der über EUR 110,00 liegt. Außerdem ist die Vorsteuer aus den Rechnungen nicht abzugsfähig.
Die steuerlichen Vergünstigungen gelten für „Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter“ wie z. B. Weihnachtsfeiern und Betriebsausflüge. Durch eine solche Veranstaltung erhalten Arbeitnehmer grundsätzlich einen Vorteil, der zum Arbeitslohn gehört. Rein betriebliche, fachliche Veranstaltungen führen nicht zu einer lohnrelevanten Bereicherung der Arbeitnehmer.
Von den geselligen Veranstaltungen führen zwei Veranstaltungen pro Jahr nicht zu Arbeitslohn,
- wenn die Teilnahme allen Betriebsangehörigen bzw. Arbeitnehmern einer Abteilung oder eines Standorts offensteht und
- soweit die Zuwendungen des Arbeitgebers für die jeweilige Veranstaltung inklusive Umsatzsteuer den Betrag von EUR 110,00 je teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen.
- Die Teilnahme von Nichtarbeitnehmern ist unschädlich, wenn deren Zahl die Teilnehmerzahl der Arbeitnehmer nicht übersteigt.
Wird nur ein beschränkter Teilnehmerkreis eingeladen, darf es sich nicht um eine Bevorzugung bestimmter Arbeitnehmergruppen handeln. Begünstigt sind jedoch Feiern für alle Mitarbeiter, die ein rundes Arbeitnehmerjubiläum (10, 20, 30, 40, 50 oder 60 Jahre) begehen.
Das BMF-Schreiben stellt klar, dass bei 40-, 50- oder 60-jähriger Betriebszugehörigkeit die Feier schon bis zu fünf Jahre vor dem eigentlichen Jubiläum stattfinden kann. Begünstigt ist auch eine Betriebsveranstaltung, die für eine Organisationseinheit des Betriebs (z. B. Abteilung) durchgeführt wird, wenn alle Arbeitnehmer dieser Organisationseinheit an der Veranstaltung teilnehmen können. Auch eine Feier für alle im Ruhestand befindlichen früheren Arbeitnehmer des Unternehmens ist begünstigt.
Zur Ermittlung der Teilnehmerkosten ab 01.01.2015 zählen sämtliche Kosten im Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung. Die Kosten für eine Begleitperson werden dem Arbeitnehmer ebenfalls hinzugerechnet, ohne dass hierfür ein zusätzlicher Freibetrag gewährt wird.
Kosten, die eingerechnet werden müssen:
- Speisen, Getränke, Snacks
- Übernachtungskosten bei mehrtägigen Veranstaltungen
- Fahrtkosten, z. B. für Stadtrundfahrten
- Eintrittskarten, Trinkgelder
- Geschenke
- Aufwendungen für äußeren Rahmen, z. B. Künstler, Musiker, Deko, Raummiete,
Kegelbahn etc.
- Zuwendungen an Begleitpersonen
- Security
- Versicherungen
- Sanitäter
- Kosten für Sammeltransporte (Bus)
Nicht einzurechnen sind folgende Kosten:
- (An-)Reisekosten von Außendienstmitarbeitern und Arbeitnehmern von anderen Standorten sowie deren Übernachtungskosten nach § 3 Nr. 16 EStG, sofern sie vom Arbeitnehmer organisiert sind
- Eigene Personalkosten für Vorbereitung und Abwicklung
- Rechnerische Selbstkosten des Arbeitgebers (z. B. Lohnbuchhaltung)
Ermittlung des Freibetrags
Nach der Auffassung der Finanzverwaltung, und damit geltendem Recht, ermittelt sich die Höhe der dem einzelnen Arbeitnehmer gewährten Zuwendungen wie folgt: Alle zu berücksichtigenden Aufwendungen sind zu gleichen Teilen auf alle bei der Betriebsveranstaltung anwesenden Teilnehmer aufzuteilen. Der auf eine Begleitperson entfallende Anteil der Aufwendungen ist dem jeweiligen Arbeitnehmer zuzurechnen.
Beispiel:
Die Aufwendungen für eine Betriebsveranstaltung betragen EUR 10.000,00. Der Teilnehmerkreis setzt sich aus 75 Arbeitnehmern zusammen, von denen 25 von je einer Person begleitet werden.
Die Aufwendungen sind auf 100 Personen zu verteilen, sodass auf jede Person ein geldwerter Vorteil von EUR 100,00 entfällt. Im Anschluss ist der auf die Begleitperson entfallende geldwerte Vorteil dem jeweiligen Arbeitnehmer zuzurechnen. 50 Arbeitnehmer haben somit einen geldwerten Vorteil von EUR 100,00, der den Freibetrag von EUR 110,00 nicht übersteigt und daher nicht steuerpflichtig ist. Bei 25 Arbeitnehmern beträgt der geldwerte Vorteil EUR 200,00; nach Abzug des Freibetrags von EUR 110,00 ergibt sich für diese Arbeitnehmer ein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil von jeweils EUR 90,00.
Die 50,00-EUR-Freigrenze des § 8 Abs. 2 S. 11 EStG ist für Zuwendungen anlässlich von Betriebsveranstaltungen nicht anwendbar.
Achtung!
Das FG Köln hat mit seiner Entscheidung vom 27.06.2018 zur Verteilung der Gesamtkosten bei einer Betriebsveranstaltung Stellung bezogen. Das FG Köln hat dabei der Berechnungsweise des geldwerten Vorteils der Finanzverwaltung eine Absage erteilt. Das Nichterscheinen von Kollegen anlässlich einer Betriebsveranstaltung darf hiernach steuerrechtlich nicht zulasten der tatsächlich Feiernden gehen und die Gesamtkosten sind auf die ursprünglich angemeldeten Teilnehmer aufzuteilen!
Das Revisionsverfahren des Finanzamtes beim BFH ist noch anhängig. Betroffene Unternehmen sollten bis zum Verfahrensabschluss aus Dokumentationsgründen die angemeldeten und die tatsächlichen Teilnehmer aufzeichnen.
Besonderheiten bei der Teilnahme von Firmenfremden
Laut BMF ist die Anwendbarkeit der Regelung auf Leiharbeitnehmer und Arbeitnehmer anderer konzernangehöriger Unternehmen auch anwendbar. Dies setzt voraus, dass hinsichtlich dieser Personengruppen die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind.
Versteuerung von Betriebsveranstaltungen
Wie bisher kann der Arbeitgeber den steuerpflichtigen Lohnanteil (dies ist der Betrag, der die 110,00-EUR-Grenze übersteigt) aus Anlass von Betriebsveranstaltungen pauschal mit 25 % versteuern. Hinzu kommen Solidaritätszuschlag und pauschale Kirchensteuer. Die Pauschalierung führt zur Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 SVEV).
SV-Freiheit bei pauschal versteuerten Betriebsfeiern
Eine verspätete Pauschalversteuerung führt zur Sozialversicherungspflicht und kann somit richtig teuer werden.
Sofern Arbeitgeber die Möglichkeit der Pauschalversteuerung nutzen, sind bestimmte Bezüge in der Sozialversicherung kein beitragspflichtiges Entgelt.
Es ist jedoch entscheidend, zu welchem Zeitpunkt die Pauschalversteuerung erfolgt.
Aus steuerlicher Sicht ist bei pauschal versteuertem Arbeitslohn eine Änderung des Lohnsteuerabzugs auch nach dem 28.02. des Folgejahres möglich. Denn dies müssen Arbeitgeber in der Lohnsteuerbescheinigung nicht angeben. Dadurch können sie die Lohnsteuerschuld auch Jahre später noch übernehmen.
Für die Sozialversicherungsfreiheit kommt es allerdings entscheidend darauf an, dass die pauschale Besteuerung „mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum“ erfolgt.
Dass im Steuerrecht bei der Pauschalbesteuerung anders verfahren werden kann, ändert an der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung nichts.
Das wurde von dem Bundessozialgericht am 23.04.2024 entschieden.
Da der Freibetrag nur für zwei Feiern im Jahr herangezogen werden kann, sollten Sie bei mehreren Feiern im Vorfeld entscheiden, welche die teuerste werden könnte. Nur so ist es möglich, die Freibeträge in vollem Umfang zu nutzen.
Sollten Sie also Betriebsfeiern ausrichten und die Kosten pro Mitarbeiter/-in EUR 110,00 übersteigen, können Sie nicht abwarten, bis die Buchhaltung erstellt oder sogar der Abschluss gefertigt ist, sondern müssen die entsprechenden Unterlagen sofort an Ihre Lohnsachbearbeiterin bzw. an Ihre Lohnabrechnungsstelle weiterleiten.
7. Bewirtungen von Arbeitnehmern
Nicht steuerpflichtig sind sog. Arbeitsessen, deren Wert beim einzelnen Arbeitnehmer EUR 60,00 (einschließlich Umsatzsteuer) nicht übersteigt. Ein Arbeitsessen in diesem Sinne liegt vor, wenn der Arbeitgeber den Mitarbeitenden anlässlich oder während eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse Speisen bis zu dieser Freigrenze unentgeltlich oder teilentgeltlich überlässt (H 19.6 Abs. 2 „Arbeitsessen“ LStH).
Kurzübersicht:
Entgelt | LSt | SV |
Arbeitnehmerbewirtung | ||
Arbeitnehmerbewirtung bei außergewöhnlichen Arbeitseinsätzen bis EUR 60,00 | ||
Arbeitnehmerbewirtung bei Betriebsveranstaltungen bis EUR 110,00 |
8. Künstlersozialabgabe-Verordnung
Wer selbstständige Künstler und Publizisten beschäftigt, muss an diese Sozialversicherung die sog. Künstlersozialabgabe entrichten.
Der Abgabesatz für das Jahr 2025 bleibt stabil bei 5,0 %.
Künstler im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Hierzu gehören auch Designer sowie die Ausbilder im Bereich Design.
Publizist im Sinne des KSVG ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in ähnlicher Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt.
Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich nach § 25 KSVG (Auszug):
(1) Die Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe sind die Entgelte für die künstlerischen oder publizistischen Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs. 1 oder 2 zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres an selbstständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach diesem Gesetz nicht versicherungspflichtig sind. Bemessungsgrundlage sind auch die Entgelte, die ein nicht abgabenpflichtiger Dritter für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen zahlt, die für einen zur Abgabe Verpflichteten erbracht werden.
(2) Entgelt im Sinne des Absatzes 1 ist alles, was der zur Abgabe Verpflichtete aufwendet, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen, abzüglich der in einer Rechnung oder Gutschrift gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer.
Zur Bemessungsgrundlage gehören demnach alle Zahlungen für publizistische/künstlerische Leistungen wie:
- Honorare, Gagen, Tantiemen
- Sachleistungen
- Lizenzzahlungen
- Auslagen (Telefon und Fracht)
- Nebenkosten (Material, Entwicklung und nicht künstlerische Nebenleistungen)
- Zahlungen aus Kommissionsgeschäften
Nicht zur Bemessungsgrundlage gehören:
- Gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer
- Reisekosten
- Steuerfreie Aufwandsentschädigungen (bspw.: Übungsleiterpauschale seit 2021: 3.000,00 EUR/Jahr, bis 2020: max. 2.400,00 EUR/Jahr)
- Zahlungen an Urhebergesellschaften (Gema, VG Wort etc.)
- Zahlungen an juristische Personen (GmbH, AG, e. V., öffentliche Körperschaften und Anstalten)
- Zahlungen an eine Kommanditgesellschaft (KG)
- Zahlungen an eine GmbH & Co. KG
- Zahlungen an eine offene Handelsgesellschaft (OHG)
- Gewinnzuweisungen an Gesellschafter
- Nachträgliche Vervielfältigungskosten (Druckkosten) gehören nicht zum abgabepflichtigen Entgelt, wenn es sich um Leistungen handelt, die für sich genommen nicht künstlerisch sind und erst nach Abschluss der künstlerischen Leistung oder Erstellung des künstlerischen Werkes anfallen und für den Erhalt oder die Möglichkeit zur Nutzung des Werkes nicht erforderlich sind
Durch die Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) ab 01.01.2015 wird die regelmäßige Überprüfung und Beratung der Arbeitgeber im Hinblick auf die Künstlersozialabgabe sichergestellt und damit erheblich ausgeweitet. Die Prüfungen werden nicht mehr alleine von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) vorgenommen. Die Künstlersozialkasse (KSK) hat ein eigenes Prüfrecht erhalten, um branchenspezifische Schwerpunktprüfungen und anlassbezogene Prüfungen selbst durchzuführen.
Wer einmal bei der Künstlersozialkasse geführt ist, muss ggf. auch eine Nullmeldung abgeben.
Durch das Künstlersozialabgabestabilisierungsgesetz (KSAStabG) wurde zum 01.01.2015 eine Geringfügigkeitsgrenze eingeführt. Solange die Bemessungsgrundlage für die kumulierten Leistungen aller Künstler/Publizisten an Eigenwerber und Unternehmer, die nach der Generalklausel abgabepflichtig sind, im Jahr EUR 450,00 nicht übersteigt, gelten die Aufträge kraft Gesetzes als „nur gelegentlich“ und unterliegen danach nicht der Künstlersozialabgabe. Diese Regelung gilt nicht rückwirkend.
Die schwierige Frage danach, was „nur gelegentlich“ ist, wurde demnach ab 2015 zulasten der Unternehmen beseitigt.
9. Voraussichtliche Rechengrößen der Sozialversicherung ab 2025
Die Beiträge und Rechengrößen in der Sozialversicherung für das Jahr 2025 belaufen sich auf:
Versicherungszweig und Zeitraum | West (EUR) | Ost (EUR) |
Kranken- und Pflegeversicherung, jährl. | 73.800,00 | 73.800,00 |
Kranken- und Pflegeversicherung, monatl. (Versicherungspflichtgrenze) | 6.150,00 | 6.150,00 |
Kranken- und Pflegeversicherung, monatl. (Beitragsbemessungsgrenze und besondere JAEG) | 5.512,50 | 5.512,50 |
Renten- und Arbeitslosenversicherung, jährl. | 96.600,00 | 96.600,00 |
Renten- und Arbeitslosenversicherung, monatl. | 8.050,00 | 8.050,00 |
9.1 Sachbezugswert freie Verpflegung
Der monatliche Sachbezugswert für Verpflegung beträgt ab 01.01.2025 bundeseinheitlich EUR 333,00 monatlich. Dieser Wert gilt auch für Jugendliche und Auszubildende.
Sachbezugswert 2025 | Frühstück (EUR) | Mittagessen (EUR) | Abendessen (EUR) | Gesamt (EUR) |
Monatlich | 69,00 | 132,00 | 132,00 | 333,00 |
Kalendertäglich | 2,30 | 4,40 | 4,40 | 11,10 |
Nur bei Familienangehörigen, denen ebenfalls freie Verpflegung gewährt wird, gibt es unterschiedliche Werte in Abhängigkeit vom Alter.
9.2 Sachbezugswert freie Unterkunft
Der Sachbezugswert für freie Unterkunft beträgt ab 01.01.2025 bundeseinheitlich EUR 282,00 monatlich.
Bei der Belegung einer Unterkunft mit mehreren Beschäftigten sowie für Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres und Auszubildende gelten andere Werte. Diese ergeben sich aus § 2 Abs. 3 Sozialversicherungsentgeltverordnung. Dort steht:
… Der Wert der Unterkunft nach Satz 1 vermindert sich
1. bei Aufnahme des Beschäftigten in den Haushalt des Arbeitgebers oder bei Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft um 15 %,
2. für Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres und Auszubildende um 15 % und
3. bei der Belegung
a) mit zwei Beschäftigten um 40 %,
b) mit drei Beschäftigten um 50 % und
c) mit mehr als drei Beschäftigten um 60 %.
10. Geringfügige Beschäftigung (Rechtsstand ab 01.01.2025)
Ab 01.01.2025 ändert sich die Höhe der Geringfügigkeitsgrenze von EUR 538,00 auf EUR 556,00. Die Grenze orientiert sich zukünftig an der Höhe des Mindestlohnes bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden und ändert sich mit jeder Änderung des Mindestlohnes. Ein unvorhergesehenes Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze ist zweimal im Laufe eines Zeitjahres zulässig. Die Jahresverdienstgrenze passt sich entsprechend auf EUR 6.672,00 an.
11. Midijob (Rechtsstand ab 01.01.2025)
Der Midijob/Übergangsbereich entlastet Arbeitnehmer, die nur knapp über der „Geringfügig-keitsgrenze“ verdienen. Mit einem Entgelt zwischen EUR 556,00 und EUR 2.000,00 ist der Arbeitnehmer voll sozialversicherungspflichtig.
Im Übergangsbereich sind vom Arbeitnehmer verminderte SV-Beiträge zu zahlen. Der Arbeitgeberanteil an den Beiträgen wird dagegen erhöht. Anstelle einer „beitragspflichtigen Einnahme“ gibt es ab 01.10.2022 zwei fiktive Werte:
· Eine beitragspflichtige Einnahme zur Berechnung des Gesamtbeitrags
· Eine zweite beitragspflichtige Einnahme zur Berechnung des Arbeitnehmerbeitrags
12. Phantomlohnfalle bei Betriebsprüfungen der Deutschen Rentenversicherung
Der Fokus der kommenden DRV-Prüfungen könnte auf dem sogenannten Phantomlohn liegen. Der Phantomlohn ist ein komplexes Thema. Der etwas sperrige Begriff bezeichnet die Herausforderung, beim Berechnen von Beiträgen und der Beurteilung von Versicherungsverhältnissen zwischen gezahltem und geschuldetem Arbeitslohn zu unterscheiden.
Es handelt sich um einen Lohn oder häufiger Lohnbestandteile, die nicht ausgezahlt worden sind, obwohl der Arbeitnehmende darauf einen Rechtsanspruch hat.
Einfach gesagt wird hier bei einer Betriebsprüfung der DRV die Differenz zwischen dem gezahlten und dem geschuldeten Arbeitsentgelt ermittelt und nachverbeitragt. Dem Arbeitgeber drohen also hohe Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen und er trägt in diesem Fall sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmerbeiträge.
Besonders kritisch ist dieser Sachverhalt bei geringfügig Beschäftigten.
Bei den sogenannten Minijobbern kann die Berücksichtigung des geschuldeten Entgelts durch die DRV-Prüfung zum Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze (ab 2025 von EUR 556,00) und damit zur Sozialversicherungspflicht führen.
Achten Sie daher immer darauf, dass die Ansprüche auf Urlaubs- und Feiertagslohn sowie Lohnfortzahlung den geringfügig Beschäftigten ebenso ausgezahlt werden wie den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Dies muss auch auf dem entsprechenden Stundenzettel ersichtlich sein.
Auch Arbeitsverträge sind für Ihre geringfügig Beschäftigten dringend erforderlich.
Ansonsten wird von einer wöchentlichen Arbeitszeit von wöchentlich 20 Stunden ausgegangen, was auch zur Sozialversicherungspflicht führt.
Bezüglich der Arbeitsverträge und der Ermittlung der Urlaubsansprüche bei unregelmäßig arbeitenden geringfügig Beschäftigten wenden Sie sich bitte an Ihren Anwalt für Arbeitsrecht.
13. Inflationsausgleichsprämie
Die am 28.09.2022 von der Bundesregierung beschlossene Inflationsausgleichsprämie läuft zum Ende des Jahres 2024 aus.
· Arbeitgeber dürfen Leistungen zur Abmilderung der Inflation bis zu einem Betrag von EUR 3.000,00 steuer- und sozialversicherungsfrei an ihre Arbeitnehmer gewähren.
· An den Zusammenhang zwischen Leistung und Preissteigerung sollen keine besonderen Anforderungen gestellt werden. Es genügt, wenn der Arbeitgeber bei Gewährung der Leistung in beliebiger Form (zum Beispiel durch entsprechenden Hinweis auf dem Überweisungsträger im Rahmen der Lohnabrechnung) deutlich macht, dass diese im Zusammenhang mit der Preissteigerung steht.
· Die Prämie, welche „zusätzlich“ zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird, kann bis zum 31.12.2024 ausgezahlt werden.
· Sollte in der Dezemberabrechnung eine Inflationsprämie ausgewiesen sein, diese aber erst Anfang Januar auf dem Konto des Arbeitnehmers ankommen, ist die Prämie voll steuer- und sozialversicherungspflichtig.
14. Rentenversicherungsfreiheit für Rentner auf freiwilliger Basis
Bezieher einer Altersvollrente nach Erreichen der Regelaltersgrenze sind – wie bisher – in einer Beschäftigung rentenversicherungsfrei. Ab 01.01.2017 kann ein Altersvollrentner den Verzicht auf die Rentenversicherungsfreiheit erklären und somit vollwertige Rentenversicherungs-beiträge zahlen. Die Beitragszahlungen erhöhen die Rente.
15. Wegfall der Fünftelregelung
Ab Januar 2025 sind die Arbeitgeber nicht mehr für die Fünftelregelung zuständig, sondern die Finanzämter übernehmen die Erstattung des Steuervorteils. Die Fünftelregelung muss von den gekündigten Arbeitnehmern über ihre Steuererklärung beantragt werden.
16. Verpflegungsmehraufwand ab 01.01.2024 bleibt unverändert
Die Pauschalbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen bleiben bei EUR 14,00 für eine Abwesenheit von weniger als 24 Stunden und bei EUR 28,00 für eine Abwesenheit von 24 Stunden.
Die EUR 14,00 gelten auch für den An- und Abreisetag bei mehrtägigen Auswärtstätigkeiten.
17. Förderung dienstlicher Elektro- und Hybridfahrzeuge
Die private Nutzung eines überwiegend betrieblich genutzten Kraftfahrzeugs muss für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung und einschließlich Umsatzsteuer angesetzt werden.
Die Steuerermäßigung der Überlassung eines Elektrofahrzeugs oder Hybridelektrofahrzeugs gilt für die gesamte Nutzungsdauer, aber nur für Erstinbetriebnahme des jeweiligen Fahrzeugs zwischen dem 01. 01.2019 und dem 31.12.2030. Die Voraussetzungen bezogen auf Reichweite und CO₂-Ausstoß werden stufenweise bis 2030 verschärft. In diesen Fällen ist der Zeitpunkt unerheblich, zu dem der Arbeitgeber dieses Fahrzeug angeschafft, hergestellt oder geleast hat. Sollte das betriebliche Fahrzeug vor dem 01.01.2019 vom Arbeitgeber einem Arbeitnehmer zur privaten Nutzung überlassen worden sein, wird bei einem Wechsel des Nutzungsberechtigten nach dem 31.12.2018 nicht ermäßigt besteuert.
Reines Elektrofahrzeug:
Zeitpunkt der erstmaligen Überlassung | Geldwerter Vorteil ab | Voraussetzungen | Beispiele | Höhe der Bemessungs- grundlage |
Für seit 01.01.2024 angeschaffte Fahrzeuge (gemäß Wachstumschancengesetz) | 2024 | Keine CO₂-Emissionen und Bruttolistenpreis bis EUR 70.000,00 | Reine Elektrofahrzeuge, Elektrofahrräder über 25 km/h (S-Pedelecs) |
¼ |
2024 | Keine CO₂-Emissionen und Bruttolistenpreis über EUR 70.000,00 | Reine Elektrofahrzeuge, Elektrofahrräder über 25 km/h (S-Pedelecs) |
½ | |
Für vor 01.01.2024 angeschaffte oder überlassene Fahrzeuge | 2020 | Keine CO₂-Emissionen und Bruttolistenpreis bis EUR 60.000,00 | Reine Elektrofahrzeuge, Elektrofahrräder über 25 km/h (S-Pedelecs) |
¼ |
2020 | Keine CO₂-Emissionen und Bruttolistenpreis über EUR 60.000,00 | Reine Elektrofahrzeuge, Elektrofahrräder über 25 km/h (S-Pedelecs) |
½ |
Hybridfahrzeug:
Zeitpunkt der erstmaligen Überlassung | Geldwerter Vorteil ab | Voraussetzungen | Beispiele | Höhe der Bemessungs- grundlage |
01.01.2025 bis 31.12.2030 |
2025 | CO₂-Emissionen höchstens 50 g/km oder |
Hybridfahrzeuge |
½ |
01.01.2022 bis 31.12.2024 |
2022
| CO₂-Emissionen höchstens 50 g/km oder |
Hybridfahrzeuge |
½ |
01.01.2019 bis 31.12.2021 |
2019 | CO₂-Emissionen höchstens 50 g/km oder |
Hybridfahrzeuge |
½ |
Der Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2025 enthält neue Regelungen zur Versteuerung von Elektrodienstwagen. Zuvor galt die 0,25%-Regelung nur für Fahrzeuge mit einem Bruttolistenpreis bis zu EUR 70.000,00. Rückwirkend zum Juli 2024 soll diese Grenze weiter auf EUR 95.000,00 angehoben werden, um den Absatz auch teurerer Elektroautos zu fördern. Dies bietet Unternehmen die Möglichkeit, hochwertigere Elektrofahrzeuge zu günstigeren steuerlichen Bedingungen zu nutzen. Die Regelung soll bis 2028 gelten und Anreize für den Umstieg auf Elektromobilität schaffen.
Dieses Gesetz ist jedoch noch nicht endgültig beschlossen.
18. Kleinunternehmerregelung
Bislang konnte man die sogenannte Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG anwenden, wenn der Gesamtumsatzim Vorjahr nicht mehr als EUR 22.000,00 betragen hat. Weitere Voraussetzung war, dass der Gesamtumsatz im laufenden Jahr voraussichtlich nicht mehr als EUR 50.000,00 beträgt.
Durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz wurde rückwirkend zum 01.01.2024 beschlossen, dass die Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung entfällt. Sie bleibt bestehen, wenn der Kleinunternehmer im Inland innergemeinschaftliche Erwerbe hat oder Umsätze, für die er nach dem Reverse-Charge-Verfahren die Umsatzsteuer schuldet.
Ab dem 01.01.2025 ist eine grundlegende Reform der Kleinunternehmerbesteuerung erforderlich, um geltendes EU-Recht in das nationale Recht zu integrieren. Zum Redaktionsschluss war diese Regelung im Jahressteuergesetz 2024 noch nicht verabschiedet, sodass ich hier auf die geplanten Änderungen eingehen werde.
Dabei ist es wichtig, zu wissen, dass künftig eine nationale und eine internationale Kleinunternehmerregelung vorgesehen ist.
Zunächst möchte ich auf die nationale Regelung eingehen:
Die ausschlaggebende Umsatzgrenze wird auf EUR 25.000,00 erhöht. Einhergehend wird es eine grundsätzliche Änderung der Systematik geben. Wer die 25.000-EUR-Grenze im Jahr 2024 nicht überschritten hat, ist im Jahr 2025zwingend als Kleinunternehmer zu behandeln. Es entfällt die Pflicht, eine sachgemäße Schätzung des im Jahr 2025 zu erwartenden Umsatzes vorzunehmen. Überschreitet der Kleinunternehmer nun im Jahr 2025 mit seinem Gesamtumsatz die Grenze von EUR 100.000,00, unterliegt er ab diesem Zeitpunkt der Regelbesteuerung. Das heißt, wir wechseln unterjährig die Besteuerungsart. Weiterhin muss die Regelbesteuerung demnach auch im Jahr 2026 angewendet werden.
Bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes ist aktuell nicht vorgesehen, dass bei unterjähriger Unternehmensgründung eine Hochrechnung auf das gesamte Jahr erfolgen muss. Dies würde allerdings dazu führen, dass jedes Unternehmen als Kleinunternehmen startet und erst ab Überschreiten der 100.000-EUR-Grenze zur Regelbesteuerung gewechselt werden muss. Sofern die Gesamtumsatzgrenze nicht überschritten ist, hat der Steuerpflichtige die Kleinunternehmerregelung anzuwenden.
Es besteht weiterhin die Möglichkeit, freiwillig nach § 19 Abs. 3 UStG zur Regelbesteuerung zu wechseln. Diese Entscheidung muss bis zum 28./29.02. des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres erfolgen und ist fünf Jahre bindend.
Ab dem 01.01.2025 führt der Kleinunternehmer umsatzsteuerfreie Umsätze aus und hat deshalb auch keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug.
Dem Grunde nach sind Kleinunternehmer von der Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen befreit. Das Finanzamt kann den Kleinunternehmer allerdings dazu auffordern, eine Steuererklärung abzugeben. Weiterhin muss in folgenden Fällen auch der Kleinunternehmer eine Umsatzsteuer-Voranmeldung beim Finanzamt einreichen:
· Der Kleinunternehmer schuldet die Steuer für einen innergemeinschaftlichen Erwerb.
· Der Kleinunternehmer ist Leistungsempfänger im Reverse-Charge-Verfahren.
· Der Kleinunternehmer ist letzter Abnehmer in einem innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft.
· Der Kleinunternehmer ist Fahrzeuglieferer eines neuen Fahrzeuges.
Der Kleinunternehmer ist weiterhin dazu verpflichtet, in Fällen des Reverse-Charge-Verfahrens als Steuerschuldner die Umsatzsteuer abzuführen, ohne einen Vorsteuerabzug in gleicher Höhe geltend machen zu können.
Was mit der Neuregelung einhergeht, dass der Wechsel zur Regelbesteuerung eine sog. Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG auslöst, da wir von umsatzsteuerfreien zu umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen wechseln. Dies betrifft in der Praxis allerdings in der Regel nur Vorgänge mit einer Umsatzsteuer von mehr als EUR 1.000,00.
Wie die von Kleinunternehmern gestellten Rechnungen für im Inland ausgeführte Leistungen aussehen müssen, regelt ab dem 01.01.2025 der neu geschaffene § 34a UStDV.
Hinweis: Jeder Kleinunternehmer ist dafür verantwortlich, die Überschreitung der Grenzen selbstständig zu prüfen und zu überwachen.
Nun komme ich zur internationalen Kleinunternehmerbesteuerung ab 2025.
Ab dem 01.01.2025 hat der Unternehmer die Möglichkeit, die Kleinunternehmerregelung innerhalb der EU grenzüberschreitend in verschiedenen Mitgliedstaaten anzuwenden.
Voraussetzung dafür ist, dass er im Gemeinschaftsgebiet im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als EUR 100.000,00 Jahresumsatz erwirtschaftet hat. Sofern er diese Grenze auch im laufenden Jahr nicht überschreitet, unterliegt er den jeweiligen nationalen Bestimmungen der Kleinunternehmerbesteuerung in den Mitgliedstaaten.
Es wird eine Kleinunternehmer-Identifikationsnummer erteilt und er ist dazu verpflichtet, die Umsätze zur Kontrolle der Umsatzgrenze in einem besonderen Meldeverfahren (§ 19a UStG) an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu melden.
Sofern der Unternehmer nur Umsätze im Inland ausführt oder in anderen Mitgliedstaaten nicht die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nimmt, muss er das besondere Meldeverfahren nicht beachten. Er muss sich dann allerdings in den anderen Mitgliedstaaten registrieren und die Umsätze dort den Regelungen der normalen Besteuerung unterwerfen.
Die Meldungen im besonderen Meldeverfahren sind bis zum 30.04., 31.07., 31.10. und 31.01. für das jeweils zuvor abgelaufene Quartal über eine amtlich bestimmte Schnittstelle zu erledigen. Die Teilnahme ist beim BZSt über ebendiese Schnittstelle zu beantragen.
Sofern sich die Voraussetzungen verändern, ist dies dem BZSt unverzüglich über die eben genannte Schnittstelle zu melden.
Achtung:
Sobald die 100.000-EUR-Grenze überschritten wird, muss dies innerhalb von 15 Tagen nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz an das BZSt gemeldet werden und es kann die Kleinunternehmerbesteuerung unionsweit nicht mehr angewendet werden.
Sofern die Voraussetzungen in den einzelnen Mitgliedstaaten erfüllt sind, kann der Unternehmer dort die Kleinunternehmerregelung zu den dort geltenden Regelungen in Anspruch nehmen. Dabei ist es nicht Voraussetzung, dass der Unternehmer auch in Deutschland der Kleinunternehmerregelung unterliegt.
Beispiel:
Ein nebenberuflich tätiger Rechtsanwalt aus Deutschland erzielt regelmäßig insgesamt EUR 75.000,00 Umsatz, davon im Inland EUR 35.000,00. Im März 2025 berät er einen Unternehmer für dessen Unternehmen in Frankreich.
Im Inland erzielt er umsatzsteuerpflichtige Umsätze, da er die Kleinunternehmerregelung nicht anwenden darf (er überschreitet die neue 25.000-EUR-Grenze). Innerhalb der EU kann er die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen, da er mit EUR 75.000,00 Umsatz im Vorjahr unter EUR 100.000,00 lag. Sofern er die Voraussetzungen der Regelungen für Kleinunternehmer in Frankreich erfüllt, eine Kleinunternehmer-Identifikationsnummer besitzt und am Verfahren gemäß § 19a UStG teilnimmt, kann er die Beratung im März in Frankreich steuerfrei ausführen.
Achtung:
Die geänderte Besteuerung für Kleinunternehmer innerhalb der EU kann Einfluss auf den Vorsteuerabzug im Inland haben! Für eindeutig zuordenbare Rechnungen entfällt der Vorsteuerabzug insgesamt. Bei gemischten Kosten muss eine Vorsteueraufteilung vorgenommen werden.
19. Dokumentation der Zuordnung von gemischt genutzten Gegenständen
zum umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen
Nach Entscheidungen des EuGH vom 14.10.2021 – C-45/20 und C-46/20 und der Folge-entscheidung des BFH vom 04.05.2022 – XI R 28/21 und XI R 29/21 gelten nun folgende Grundsätze für die Dokumentation der Zuordnung von gemischt genutzten Gegenständen zum umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen.
Es ist keine fristgebundene Meldung an das zuständige Finanzamt erforderlich. Steht nach objektiven Anhaltspunkten fest, dass der Steuerpflichtige einen Gegenstand dem Unternehmen zugeordnet hat, ist es nicht zusätzlich erforderlich, dies dem Finanzamt bis zur Abgabefrist der Steuererklärung im Sinne des § 149 Abs. 2 S. 1 AO mitzuteilen. Entscheidend ist, dass diese objektiven Anhaltspunkte innerhalb dieser Frist erkennbar gewordensind.
Objektive Anhaltspunkte sind nach dem BFH z. B. folgende Beweisanzeichen:
- Betriebliche oder private Versicherung des Gegenstandes
- Auftreten beim An- und Verkauf unter dem Firmennamen
- Bilanzielle Behandlung als Betriebsvermögen
- Bauzeichnungen
In welchen Fällen ist nun noch eine Zuordnung erforderlich?
- Gebäude
Hier empfiehlt es sich immer, die geplante Nutzung sorgfältig zu dokumentieren. Dies ist insbesondere dann von Vorteil, wenn sich die spätere Nutzung doch von der geplanten Nutzung unterscheidet.
- (Teil-)unternehmerische Fahrzeugnutzung
Bei unentgeltlicher Überlassung an Personal auch zur privaten Nutzung ist keine Zuordnung erforderlich.
Bei gemischter Nutzung durch den Unternehmer ist eine Zuordnung erforderlich.
Die Finanzverwaltung hat ihre Ansicht im BMF-Schreiben vom 17.05.2024 konkretisiert und Abschnitt 15.2c des Umsatzsteueranwendungserlasses ergänzt.
„Die Zuordnung zum Unternehmen kommt dadurch zum Ausdruck, dass der Unternehmer beim Erwerb oder bei der Herstellung des Gegenstands ganz oder teilweise als solcher handelt. Die Zuordnungsentscheidung ist eine innere Tatsache, die erst durch äußere Beweisanzeichen erkennbar wird. Sie kann somit auch konkludent (implizit) zum Ausdruck kommen.“
„Die Dokumentation erfolgt regelmäßig bereits durch die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs. Lässt die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs nicht auf die Zuordnung zum Unternehmen an sich oder deren Umfang schließen, sind andere nach außen hin objektiv erkennbare Beweisanzeichen heranzuziehen. Liegen innerhalb der Dokumentationsfrist nach außen hin objektiv erkennbare Beweisanzeichen für eine Zuordnung vor, können diese dem Finanzamt auch noch nach Ablauf der Frist mitgeteilt werden. Fehlt es an objektiven Beweisanzeichen für eine Zuordnung, ist demgegenüber eine ausdrückliche Mitteilung an das Finanzamt innerhalb der Dokumentationsfrist erforderlich. Bis zum Ablauf der Dokumentationsfrist kann auch eine im Voranmeldungsverfahren getroffene Zuordnungsentscheidung korrigiert werden.“
„Das Unterlassen des Vorsteuerabzugs ist ein gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen.“
„Das Fehlen eines Vorsteuerabzugs in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Zeitraum, in dem der Gegenstand erworben wurde, lässt für sich genommen aber nicht den Schluss zu, dass sich der Steuerpflichtige dafür entschieden hat, den betreffenden Gegenstand nicht seinem Unternehmen zuzuordnen.“
„Ist ein Vorsteuerabzug (z. B. wegen eines Erwerbs von einer Privatperson) nicht möglich, müssen andere Beweisanzeichen herangezogen werden.“
20. Umsatzsteuer-Voranmeldung
Wenn ein Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit neu aufnimmt, musste er bislang seine Umsatzsteuer-Voranmeldung im Jahr der Gründung und im folgenden Jahr immer monatlich beim Finanzamt einreichen. Diese Regelung ist für die Besteuerungszeiträume 2021 bis 2026 ausgesetzt.
Ob der Gründer seine Umsatzsteuer-Voranmeldung monatlich oder vierteljährlich einzureichen hat, richtet sich nunmehr nach den allgemeinen Grenzen zur Abgabe der Voranmeldungen.
Wenn die voraussichtliche Steuer für das Gründungsjahr mehr als EUR 7.500,00 betragen wird, sind monatlichUmsatzsteuer-Voranmeldungen beim Finanzamt einzureichen. In allen anderen Fällen erfolgt die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen quartalsweise. Eine Befreiung von der Pflicht zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen ist nach den Vorgaben der Finanzverwaltung auch bei einer voraussichtlichen Steuer von bis zu EUR 2.000,00 nicht möglich.
Für das Folgejahr sind Umsatzsteuer-Voranmeldungen monatlich einzureichen, wenn die Steuer für das Vorjahr mehr als EUR 7.500,00 betragen hat. Falls die Steuer weniger als EUR 2.000,00 beträgt, kann der Unternehmer von der Einreichung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen befreit werden. Dies gilt nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht für Gründungsfälle im zweiten Geschäftsjahr. In allen anderen Fällen erfolgt die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung quartalsweise. Dabei ist jedoch zu beachten, dass, wenn die Tätigkeit nur in einem Teil des Vorjahres ausgeübt wurde, die Steuer auf eine Jahressteuer hochzurechnen ist.
Beispiel:
A nimmt seine gewerbliche Tätigkeit am 01.07.2024 auf und schätzt seine Steuer auf EUR 7.000,00. Diese Steuer wird auch tatsächlich für das Jahr 2024 fällig.
Für 2024 hat A quartalsweise seine Umsatzsteuer-Voranmeldung beim Finanzamt einzureichen, da er voraussichtlich unter EUR 7.500,00 bleibt.
Für 2025 hat A die Umsatzsteuer-Voranmeldung monatlich abzugeben, da die im Vorjahr gezahlte Steuer auf das Jahr hochgerechnet mehr als EUR 7.500,00 beträgt (EUR 7.000,00 / 6 Monate x 12 Monate = EUR 14.000,00).
Bei Einnahme-Überschuss-Rechnern ist die Zahlung der Umsatzsteuer-Voranmeldung als Betriebsausgabe zu berücksichtigen. Hierbei ist insbesondere über den Jahreswechsel der sog. 10-Tages-Zeitraum zu beachten. Demnach sind regelmäßig wiederkehrende Ausgaben (wie z. B. Miete oder auch die Umsatzsteuer-Vorauszahlung) dem Kalenderjahr als Betriebsausgabe zuzurechnen, zu dem sie wirtschaftlich gehören.
Dies ist insbesondere bei erteiltem Lastschrifteinzug ein Streitthema. Nach der Auffassung des FG Sachsen aus dem Jahr 2019 ist es grundsätzlich so, dass die Zahlung der Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum am 10. des Folgemonats (= gesetzlicher Fälligkeitstag) fällig wird und bei ausreichender Deckung des Kontos auch an diesem Tag als bewirkt gilt. Fraglich bleibt, wie es sich verhält, wenn der 10. auf ein Wochenende oder einen Feiertag fällt. Die Frist zur Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung verschiebt sich in diesen Fällen auf den nächsten Werktag (z. B. den 11.01.). Wenn nun auf den 11.01. (fristgerecht) die Umsatzsteuer-Voranmeldung eingereicht wird, kann die Steuer ja nicht schon vor Abgabe/Festsetzung fällig werden. Folglich wäre dann die Betriebsausgabe dem Folgejahr zuzurechnen.
21. Ordnungsgemäße Rechnung
Für den Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist es zwingend erforderlich, eine ordnungsgemäße Rechnung über den Umsatz zu besitzen.
Welche Angaben in einer ordnungsgemäßen Rechnung enthalten sein müssen, regelt § 14 Abs. 4 UStG. Sämtliche Pflichtangaben müssen zusammen vorliegen.
Pflichtangaben der Rechnung:
Nr. 1: Name und Anschrift des Leistungsempfängers und des leistenden Unternehmers
Nr. 2: Steuernummer oder USt-ID-Nummer des leistenden Unternehmers
Nr. 3: Ausstellungsdatum
Nr. 4: Fortlaufende Rechnungsnummer
Nr. 5: (Handelsübliche) Leistungsbeschreibung
Nr. 6: Leistungszeitpunkt
Nr. 7: Entgelt
Nr. 8: Steuersatz und Steuerbetrag bzw. Hinweis auf Steuerbefreiung
Hiervon ausgenommen sind sog. Kleinbetragsrechnungen von bis zu EUR 250,00 brutto (§ 33 UStDV). Sie müssen mindestens folgende Angaben enthalten:
· Den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers
· Das Ausstellungsdatum
· Die Menge und die Art der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung
· Das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag für die Lieferung oder sonstige Leistung in einer Summe
· Den anzuwendenden Steuersatz oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt
Fahrausweise für Personenbeförderungen gelten als Rechnung im Sinne des § 14 UStG, wenn sie folgende Angaben enthalten (§ 34 UStDV):
· Den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers
· Das Ausstellungsdatum
· Das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag in einer Summe
· Den anzuwendenden Steuersatz, wenn nicht der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Nr.10 UStG anzuwenden ist
22. E-Rechnung
Das Ziel der Einführung der E-Rechnung ist die Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetruges.
Grundsätzlich sind ab dem 01.01.2025 E-Rechnungen für Umsätze zwischen Unternehmern (Business-to-Business – B2B) im Inland verpflichtend. In der Übergangsphase der Jahre 2025 bis 2027 gibt es verschiedene Erleichterungen.
Was ist nun eine E-Rechnung?
Es sind Rechnungen, die in einem strukturierten, elektronischen Format vorliegen und konform zur sog. EN 16931 sind. Diese Voraussetzungen erfüllt die sog. XRechnung oder eine Rechnung im sog. ZUGFeRD-2.X-Format. Daneben auch Rechnungen gemäß des EDI-Verfahrens.
Die XRechnung erfüllt die Datenaustauschstandards für elektronische Rechnungen an öffentliche Auftraggeber (Business-to-Government – B2G), sie sind maschinell lesbar, können automatisiert weiterverarbeitet werden und es ist kein Sichtbeleg vorhanden.
Die ZUGFeRD-Rechnung ist ein hybrides Datenformat inkl. Sichtbeleg und eingebetteter strukturierter XML, sie ist maschinell lesbar und eine automatisierte Weiterverarbeitung ist möglich.
Ebenfalls zulässig sollen nach dem BMF-Schreiben vom 15.10.2024 andere europäische Rechnungsformate wie z. B. Factur-X (Frankreich) oder Peppol-BIS Billing sein.
In bestimmten Fällen und der Übergangsfrist bis längstens zum 01.01.2028 sind sonstige Rechnungen zulässig. Sonstige Rechnungen sind Papierrechnungen oder Rechnungen in einem elektronischen Format, das nicht der EN 16931 entspricht. Also zum Beispiel Rechnungen im PDF-Format. Diese Rechnungen sind nicht oder nur bedingt maschinell lesbar, sie beinhalten kein strukturiertes Datenmodell zur elektronisch automatisierten Weiterverarbeitung und sind reine Sichtbelege.
Ab dem 01.01.2025 entfällt der Vorrang der Papierrechnung.
Rechnungsversand:
Bis zum 31.12.2026 dürfen sowohl Papierrechnungen als auch E-Rechnungen versendet werden. Bei anderen elektronischen Formaten (z. B. PDF-Rechnungen) ist die Einwilligung des Empfängers erforderlich.
Ab dem 01.01.2027 bleibt das eben Gesagte für Unternehmen, die 2026 einen Jahresumsatz von weniger als EUR 800.000,00 hatten, gültig. Unternehmen, die diesen Umsatz überschritten haben, müssen für B2B-Leistungen E-Rechnungen versenden.
Ab dem 01.01.2028 müssen alle Unternehmen für B2B-Leistungen E-Rechnungen versenden.
Für folgende Fälle ist keine Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung vorgesehen:
• Umsätze an Endverbraucher (Business-to-Consumer – B2C): Hier besteht gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 UStG auch weiterhin keine Pflicht zur Ausstellung einer Rechnung.
• Im Ausland steuerbare Umsätze (z. B. ruhende Lieferungen im Reihengeschäft, Werk-/ Montagelieferungen im Ausland)
• Umsätze an im Ausland ansässige Unternehmer
• Umsatz von im Ausland ansässigen Unternehmern
• Steuerfreie Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen
Ausnahmen im B2B-Bereich: Kleinbetragsrechnungen und Fahrausweise
Rechnungsempfang:
Alle Unternehmer müssen ab dem 01.01.2025 bereit sein, E-Rechnungen nach dem neuen Format zu empfangen und verarbeiten zu können.
In der Umsatzsteuer sind auch Kleinunternehmer, Unternehmer mit umsatzsteuerfreien Umsätzen (Heilberufe, Vermieter von Wohnungen etc.) und Betreiber von PV-Anlagen mit dem 0-Steuersatz.
Für den Empfang reicht ein E-Mail-Postfach aus, d. h., der leistungserbringende Unternehmer muss die Rechnung an eine E-Mail-Adresse versenden können.
23. Abgabefristen für die Umsatzsteuererklärung
Die Umsatzsteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2024 ist bis zum 31.07.2025 beim Finanzamt einzureichen. Bei steuerlicher Beratung ist die Umsatzsteuererklärung 2023 nach § 149 Abs. 3 AO bis zum 31.05.2025 beim Finanzamt einzureichen. Da dieser Termin auf das Wochenende fällt, verschiebt sich die Abgabefrist auf den 02.06.2025. Die Umsatzsteuererklärung 2024 ist bei steuerlicher Beratung bis zum 30.04.2026 beim Finanzamt einzureichen.
Bei verspäteter Abgabe der Steuererklärung wird ein Verspätungszuschlag gemäß § 152 Abs. 2 AO festgesetzt. Er beträgt für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 0,25 % der um die festgesetzten Vorauszahlungen und die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge verminderten festgesetzten Steuer, mindestens jedoch EUR 25,00 für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung.
Der Verspätungszuschlag wird für jede Steuerart gesondert festgesetzt.
Beispiel:
Die Umsatzsteuererklärung 2024 eines steuerlich beratenen Steuerpflichtigen wird erst am 28.07.2026 beim Finanzamt eingereicht. Der festzusetzende Verspätungszuschlag beträgt mindestens EUR 75,00, da die Verspätung drei angefangene Monate zu je EUR 25,00 umfasst.
Weiterführung:
Nehmen wir nun mal an, der Steuerpflichtige muss EUR 15.000,00 Umsatzsteuer aus dieser Steuererklärung nachzahlen. So ergibt sich ein Verspätungszuschlag in Höhe von EUR 112,00 (EUR 15.000,00 x 0,25 % = EUR 37,50 x 3 Monate = EUR 112,50 – Abrundung auf volle Euro).
Das Finanzamt ist dazu berechtigt, Steuererklärungen bevorzugt vorab anzufordern. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn in der Vergangenheit die Abgabefrist regelmäßig überschritten wurde.
24. Prüfung von USt-ID-Nummern bei innergemeinschaftlichen Lieferungen
Damit eine umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt, ist es u. a. erforderlich, dass gewisse Dokumentationspflichten erfüllt sind. Insbesondere ist der Nachweis darüber zu führen, dass der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist.
Die Umsatzsteuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb auf der Seite des Leistungsempfängers wird von diesem geschuldet.
Bei der Neuanlage des Kunden ist die ausländische USt-ID-Nummer des Leistungsempfängers qualifiziert zu prüfen. Dabei ist aufzuzeichnen, dass die USt-ID-Nummer gültig ist und zum Leistungsempfänger gehört. Diese Prüfung kann z. B. über das Bundeszentralamt für Steuern (www.bzst.de) erfolgen. Falls dies zu keinem Ergebnis führt, kann man auch über https://ec.europa.eu/taxation_customs/vies/ die Abfrage anstoßen. Viele Tools zur Rechnungsschreibung unterstützen sie dabei.
Künftig muss die Prüfung auch bei jeder weiteren Lieferung an den Kunden erfolgen. Dies erfordert auch die Feststellung darüber, dass die aufgezeichnete USt-ID-Nummer zu diesem Kunden gehört. Manche der eben angesprochenen Tools sind in der Lage, dabei automatisiert zu unterstützen. Wenn viele solcher Umsätze ausgeführt werden, ist dies sicherlich eine gute und effektive Erleichterung.
25. Geplante Änderungen bei der Umsatzsteuer für 2025
Im Jahressteuergesetz 2024 sind folgende Änderungen vorgesehen:
Die vom BFH entwickelte Rechtsprechung zum Begriff der Werklieferung im Sinne des § 3 Abs. 4 UStG soll ins Gesetz Einzug finden. Demnach liegt eine Werklieferung schon dann vor, wenn der Werkunternehmer einen „fremden“ Gegenstand be- oder verarbeitet.
Die Bestimmung des Ortes einer digitalen Veranstaltungsleistung im Sinne des § 3a Abs. 3 Nr. 3 und 5 UStG soll wie folgt geändert werden. Entsprechende Leistungen werden immer am Sitzort des Leistungsempfängers ausgeführt und dort versteuert. Dies gilt auch dann, wenn man einen virtuellen Zugang zu einer „Offline“-Veranstaltung erworben hat. Der Ursprung liegt in der EU-Richtlinie 2022/452.
Bestimmte Leistungen von Bildungseinrichtungen sind nach § 4 Nr. 21 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Die Bundesregierung möchte mit der geplanten Änderung eine EuGH-Rechtsprechung in nationales Recht überführen. Es sieht vor, dass das aktuell noch geltende Bescheinigungsverfahren aufgegeben wird und die Steuerbefreiung nur noch von Einrichtungen ohne Gewinnstreben in Anspruch genommen werden kann. Etwaige Gewinne dürfen nicht verteilt werden. Sie müssen durch die Einrichtung verwendet werden. Nicht begünstigt sind Leistungen, die der Freizeitgestaltung dienen, was dann nach der Gesetzesbegründung im Einzelfall geklärt werden muss.
Was die Steuerbefreiung für Sportvereine nach § 4 Nr. 22 lit. c UStG betrifft, soll auch die Nutzungsüberlassung von Sportanlagen an Sporttreibende steuerfrei gestellt werden. Dies hat ggf. Umsatzsteuerkorrekturen nach § 15a UStG zur Folge.
Der Vorsteuerabzug bei Leistungen von Ist-Versteuerern nach § 20 UStG soll wie folgt geregelt werden: Ein Vorsteuerabzug nach § 15 UStG ist nur noch möglich, wenn eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet wurde. Ergänzend dazu soll § 14 Abs. 4 UStG um eine weitere Pflichtangabe (Nr. 6a) ergänzt werden, wonach der Rechnungsaussteller darauf hinzuweisen hat, dass er der Ist-Besteuerung unterliegt.
Bei der Vorsteueraufteilung im Sinne des § 15 Abs. 4 UStG soll die Aufteilung nach dem Gesamtumsatzschlüsselnur noch möglich sein, wenn dieser der einzige mögliche Aufteilungsmaßstab ist. Präzisere und sachgerechte Aufteilungsmethoden sind vorrangig zu verwenden.
Der Durchschnittssatz für Landwirte nach § 24 UStG soll für das Jahr 2024 auf 8,4 % und für das Jahr 2025 auf 7,8 % angepasst werden.
Die Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 2 UStG für Kunstgegenstände, Antiquitäten und Sammlungsstückesoll ab dem 01.01.2025 wegfallen. Stattdessen soll ein ermäßigter Steuersatz eingeführt werden.
Zum Redaktionsschluss ist das Jahressteuergesetz 2024 noch nicht verabschiedet und Änderungen können noch erfolgen.
26. Begünstigungstransfer bei der Erbschaftsteuer
Im Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) sind u. a. folgende Steuerbegünstigungen geregelt:
· Für das selbst genutzte Familienheim (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG)
· Für das Betriebsvermögen (§ 13a ErbStG)
· Für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke (§ 13c a. F. bzw. § 13d n. F. ErbStG)
Der BFH hatte in folgendem Fall zu entscheiden, ob die Erbauseinandersetzung für die Anwendung der vorgenannten Steuerbegünstigungen zu berücksichtigen ist:
Die Eltern des Klägers starben im Dezember 2015. Zum Nachlass gehörten u. a. verschiedene Grundstücke sowie Unternehmensbeteiligungen an einer GmbH & Co. KG und der entsprechenden Komplementär-GmbH. Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom 02.03.2018 die Erbschaftsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Dabei wurden für die KG-Anteile, für einzelne Grundstücke sowie für die vom Kläger nach dem Erbfall bewohnte Wohnung Begünstigungen gemäß den §§ 13, 13a und 13d ErbStG gewährt.
Im Jahr 2018 übertrugen der Kläger und sein Bruder untereinander zum Zwecke der Erbauseinandersetzung mehrere Grundstücke. Weiterhin übertrug der Bruder die geerbten KG-Anteile unentgeltlich auf den Kläger. Für die Übertragung der GmbH-Anteile leistete der Kläger eine Abfindung an seinen Bruder. Im Ergebnis erhielt der Bruder ein Grundstück und der Kläger die Gesellschaftsbeteiligungen und die anderen Grundstücke jeweils zum Alleineigentum.
Zwecks neuer Zuordnung der erbschaftsteuerrechtlichen Begünstigungen aufgrund der Erbauseinandersetzung beantragte der Kläger die Änderung des Erbschaftsteuerbescheids. Das Finanzamt lehnte die Änderung mit der Begründung ab, eine Erbauseinandersetzung müsse zeitnah nach dem Erbfall erfolgen, um steuerlich berücksichtigt werden zu können. Als zeitnah werde dabei ein Zeitraum von 6 Monaten angesehen (H E 13a.11 ErbStH). Der hiergegen gerichtete Einspruch des Klägers wurde zunächst vom Finanzamt als unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzgericht gab der nachfolgenden Klage statt.
Der BFH hat mit Urteil vom 15.05.2024 (II R 12/21) entschieden, dass dem Kläger die Steuerbegünstigungen aufgrund des sogenannten Begünstigungstransfers zu gewähren sind. Voraussetzung ist, dass die Vermögenswerte im Rahmen der Teilung des Nachlasses übertragen werden. Die Begünstigung wirkt nur insoweit, als im Gegenzug nicht begünstigtes Vermögen hingegeben wird. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung ist eine zeitliche Beschränkung für die Teilung des Nachlasses in § 13b Abs. 3 ErbStG a. F. nicht vorgesehen. Ausreichend ist, dass ein innerer Zusammenhang zum Erbfall besteht. Beruht der Entschluss, den Nachlass zu teilen und dabei begünstigtes Vermögen gegen nicht begünstigtes Vermögen zu übertragen, hingegen auf einer neuen Willensbildung der Erbengemeinschaft, die den Nachlass zunächst willentlich ungeteilt belassen hat, erfolgt die Übertragung nicht im Rahmen der Teilung des Nachlasses und der Begünstigungstransfer ist ausgeschlossen.
Ob die Übertragung im Rahmen der Teilung des Nachlasses erfolgt, ist im Wege der Auslegung des zugrunde liegenden Erbteilungsvertrags unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Der zeitliche Abstand zwischen dem Anfall des Nachlasses und der Übertragung der Vermögensgegenstände bildet nur ein Indiz dafür, ob die Übertragung noch im Rahmen der Teilung des Nachlasses erfolgt.
Im konkreten Fall lasse sich die Dauer der Erbauseinandersetzung in Bezug auf die Übertragung der KG-Anteile damit erklären, dass nach dem plötzlichen Tod beider Elternteile eine Vielzahl von steuerrechtlichen und bewertungsrechtlichen Fragen aufgekommen sei, die zunächst hätten beantwortet werden müssen. Deshalb seien hierfür die steuerlichen Begünstigungen nach § 13a ErbStG zu gewähren.
Weiterhin sei auch die Steuerbegünstigung für Wohnraum (§ 13c a. F. bzw. § 13d n. F. ErbStG) anzuwenden, da die Übertragung im Rahmen der Teilung des Nachlasses erfolgte und im Gesetz dafür kein konkreter Zeitraum festgelegt wurde.
Schließlich ist auch die Begünstigung für das selbst genutzte Familienheim gemäß § 13 ErbStG zu gewähren. Nutzt der erwerbende Dritte (Miterbe) die vormals vom Erblasser genutzte Wohnung innerhalb angemessener Zeit für eigene Wohnzwecke, ist der Begünstigungstransfer unabhängig davon zu gewähren, ob die Erbauseinandersetzung zeitnah zum Erbfall erfolgt. Eine zeitliche Nähe zum Erbfall ist für die Teilung des Nachlasses nicht vorgeschrieben. Auch im Rahmen dieser Vorschrift hat die Prüfung durch eine Gesamtwürdigung aller Tatsachen zu erfolgen.
BFH, Urteil vom 15.05.2024, II R 12/21
27. Behaltensfrist für die Erbschaftsteuerfreiheit von selbst genutztem Wohneigentum
Gilt die Behaltensfrist bei geerbten Wohnimmobilien auch im Falle unverschuldeter Umstände, die den Erben an der Selbstnutzung hindern? Dazu gibt es zwei interessante, noch nicht abgeschlossene Verfahren.
In einem vom BFH entschiedenen Fall (II R 1/21) litt die Erbin an einer depressiven Erkrankung, die sich in der zuvor mit ihrem Mann gemeinsam bewohnten Umgebung nach dessen Tod verschlechterte. Doch weder das Finanzamt noch das Finanzgericht Münster erkannten dies als Berechtigung an, es bei der Steuerfreiheit zu belassen.
In einem anderen Fall (II R 18/20) hat die Erbin das Haus vor Ablauf der 10 Jahre abreißen lassen. Auch hier wurde die Steuerfreiheit rückwirkend versagt. Dass bauliche Mängel vorhanden waren und die Dame aufgrund gesundheitlich bedingter Probleme beim Treppensteigen das Obergeschoss nicht nutzen konnte, wurde vom Finanzgericht Düsseldorf nicht als Grund für die Fortführung der Steuerfreiheit akzeptiert.
Während die Finanzgerichte die einzig akzeptable Begründung darin gesehen haben, dass der Erbe überhaupt nicht mehr in der Lage sein kann, einen eigenen Haushalt zu führen, reicht es dem BFH aus, wenn es dem Erben aus objektiven Gründen nicht zuzumuten ist, das Familienheim weiterhin selbst zu nutzen. Ist dies der Fall, spricht für den BFH grundsätzlich nichts dagegen, dass der Erbe seinen Haushalt in einer anderen Wohnung weiterführt und die Steuerfreiheit behält.
Zumutbar ist es, wenn die Haushaltsführung mithilfe von externen Pflegediensten oder anderweitiger Unterstützung im Familienheim möglich ist. Die Pflegebedürftigkeit allein ist keine Rechtfertigung, das geerbte Heim unter Fortsetzung der Steuerfreiheit aufzugeben. In dem Zusammenhang sind allerdings negative Prognosen über die Entwicklung des Gesundheitszustandes zu berücksichtigen. Im Übrigen gilt die Zumutbarkeitsvermutung auch für den baulichen Zustand des Gebäudes, bei dem Wirtschaftlichkeits- und Zweckmäßigkeitserwägungen zum Tragen kommen.
Die Beweislast liegt beim Erben.
Beide Fälle wurden an die zuständigen Finanzgerichte zurückgewiesen, um die konkreten Hintergründe mit Blick auf die Zumutbarkeit zu ermitteln.
28. Berücksichtigung von Rechtsberatungskosten im Zusammenhang mit einer Erbauseinandersetzung als Nachlassverbindlichkeiten
Bei der Ermittlung der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage sind gemäß § 10 Abs. 5 ErbStG Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen. Dabei ist es nicht immer einfach, zu entscheiden, welche Kosten überhaupt zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören, da der Gesetzgeber zwischen „echten“ Nachlassverbindlichkeiten, Nachlassregelungskosten und Nachlassverwaltungskosten unterscheidet.
In diesem Zusammenhang hatte das Finanzgericht Köln über einen interessanten Fall zu entscheiden (FG Köln, Urteil vom 09.02.2023, 7 K 1362/21):
Der Kläger hat zusammen mit seinem Bruder einige Immobilien des Vaters geerbt. Aufgrund des zerrütteten Verhältnisses zwischen den beiden Brüdern kam es zu diversen Rechtsstreitigkeiten, die zur Auflösung der Erbengemeinschaft und Zwangsversteigerung der Immobilien führten. Der Kläger hatte sich in der Sache an eine Rechtsanwaltskanzlei gewandt und die entstandenen Beratungskosten im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung als Nachlassverbindlichkeiten geltend gemacht. Dies erkannte das Finanzamt nicht an, da die Kosten nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Erfüllung des Erblasserwillens stünden. Aufwendungen, die auf einem eigenen Willensentschluss des Erben beruhen würden, seien keine Nachlassregelungskosten.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das FG Köln erkannte die Rechtsberatungskosten im Zusammenhang mit den Teilungsversteigerungsverfahren und der Erbauseinandersetzung als unmittelbare Kosten der Nachlassverteilung im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG an. Dabei waren die Streitigkeiten zwischen dem Kläger und seinem Bruder unerheblich, auch wenn es wohl aus diesem Grund zu den Teilungsversteigerungsverfahren und nicht zu einem freihändigen Verkauf der Grundstücke gekommen ist.
Eine Einschränkung, die das FG Köln in diesem Urteil feststellte, sei hier aber noch erwähnt: Die Kosten für Rechtsstreitigkeiten bezüglich der Vermietung von Nachlassgegenständen gehören zur Nachlassverwaltung und stellen somit nicht abzugsfähige Nachlassverwaltungskosten gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG dar.
Die Revision wurde zugelassen und das Verfahren ist bereits seit 19.05.2023 beim BFH anhängig (Az. II R 10/23).
29. Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft als Schenkung
Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangte.
In diesem Zusammenhang hatte der BFH über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:
Der Kläger, seine drei Kinder, sein Bruder A und dessen zwei Kinder sowie sein Bruder B und dessen zwei Kinder sind Erben der D zu je 1/10. Zum Nachlass gehört ein Geschäftsanteil mit einem Nennbetrag von EUR 9.000,00 an der T-GmbH, deren Stammkapital EUR 27.000,00 betrug. Die übrigen Geschäftsanteile hielt die H-KG, an der neben einer Komplementärin ohne vermögensmäßige Beteiligung der Kläger und seine beiden Brüder als Kommanditisten beteiligt waren.
Nachdem die Miterben gemeinschaftlich den durch den Erbfall erworbenen Anteil an der T-GmbH zu einem Kaufpreis von EUR 300.000,00 an die T-GmbH veräußert hatten, stellte das zuständige Finanzamt den Wert des veräußerten Geschäftsanteils mit EUR 1.819.176,00 fest.
Aufgrund der Differenz zwischen dem festgestellten Wert und dem vereinbaren Kaufpreis ging das Finanzamt von Schenkungen im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG der nicht an der H-KG beteiligten Miterben zugunsten der Kommanditisten der H-KG aus und setzte Schenkungsteuer gegen den Kläger fest.
Den Wert des jeweiligen Erwerbs ermittelte das Finanzamt ausgehend vom Unterschiedsbetrag zwischen dem festgestellten Wert des Geschäftsanteils und dem vereinbarten Kaufpreis in Höhe von EUR 1.519.176,00, der zu je 1/10 auf die zuwendenden Miterben entfalle und von diesen zu je 1/3 den bedachten Kommanditisten zugewandt worden sei, mit jeweils EUR 50.639,00. Die Steuerbegünstigungen nach §§ 13a, 13b ErbStG wurden nicht gewährt.
Der Kläger legte erfolglos Einspruch ein und erhob im Anschluss Klage, welche jedoch vom Finanzgericht als unbegründet zurückgewiesen wurde. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er die Verletzung des § 7 Abs. 8 Satz 1 und der §§ 13a, 13b ErbStG rügt. Es fehle an einer „Leistung“ im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG, da der Erwerb eigener Anteile durch die T-GmbH nicht den Wert des Gesellschaftsvermögens erhöhe. Die T-GmbH erwerbe keinen Vermögenswert, der ihr nicht ohnehin zustehe.
Ohne eine Vermögensmehrung bei der Gesellschaft könne es auch zu keiner Werterhöhung der mittelbaren Beteiligung des Klägers an der T-GmbH als Kommanditist der H-KG kommen.
Der BFH hält die Revision für begründet. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht. Dieses hat den § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG unzutreffend ausgelegt, da es davon ausgegangen ist, dass die vorausgesetzte Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft „denklogisch“ mit dem Wert des teilweise unentgeltlich auf die Gesellschaft übertragenen Geschäftsanteils korrespondiert. Der BFH konnte in der Sache nicht selbst entscheiden, ob es tatsächlich zu einer Werterhöhung der Gesellschaftsanteile gekommen ist, da das Finanzgericht hierzu keine konkreten Feststellungen getroffen hatte.
Im Folgenden die wichtigsten Punkte des Urteils zusammengefasst:
· Leistung im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das die Hingabe von Vermögen bewirkt. Auch die Abtretung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft an diese selbst erfüllt den Leistungsbegriff.
· § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG fingiert eine Schenkung. Die Freigebigkeit der Leistung an die Gesellschaft ist anders als beim Grundtatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht Voraussetzung für die Steuerbarkeit. Maßgebend ist allein die Werterhöhung von Anteilen der Gesellschaft, die ein unmittelbar oder mittelbar beteiligter Gesellschafter durch die Leistung des Zuwendenden an die Gesellschaft erlangt.
· Die Werterhöhung ist nach den Regeln des § 11 BewG zu ermitteln. Dabei ist der gemeine Wert des Anteils des Bedachten von der Leistung an die Gesellschaft mit dem gemeinen Wert dieses Anteils nach der Leistung zu vergleichen.
· Der gemeine Wert der (teil-)unentgeltlichen Leistung bildet die Obergrenze für die Werterhöhung des Anteils nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG.
· Eine Begünstigung nach den §§ 13a, 13b ErbStG kann für die Werterhöhung nicht gewährt werden.
BFH, Urteil vom 10.04.2024, II R 22/21
30. Nichtigkeit eines Schenkungsteuerbescheids
Ein bedeutsames Verfahren betrifft abseits der Schenkungsteuerfrage den nachstehenden Fall: Erwerber und Schenker sind nach § 44 Abs. 1 Satz 1 AO Gesamtschuldner, denn sie schulden nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis. Die Erfüllung der Steuerschuld durch einen Gesamtschuldner wirkt nach § 44 Abs. 2 Satz 1 AO auch für die übrigen Schuldner.
Der BFH hatte in diesem Zusammenhang über folgenden Fall zu entscheiden:
Dem Kläger wurden von seinem Vater mit notariell beurkundetem Vertrag Anteile an mehreren Gesellschaften im Rahmen einer Schenkung übertragen. Da der Kläger zum damaligen Zeitpunkt minderjährig war, übernahm der Vater im Vertrag eine etwaig anfallende Schenkungsteuer.
Mit Bescheid vom 09.10.2009 setzte das Finanzamt erklärungsgemäß Schenkungsteuer unter Vorbehalt der Nachprüfung fest und gewährte dabei Vergünstigungen nach § 13a ErbStG für die Geschäftsanteile. Der Bescheid erging „für Herrn [Vater] als Träger der Schenkungsteuer für Herrn [Kläger]“. Gegen diesen Bescheid wurde kein Einspruch eingelegt und der Vater zahlte die fällige Steuer fristgerecht.
Am 26.10.2010 erließ das Finanzamt einen weiteren Bescheid, in dem die Schenkungsteuer erneut festgesetzt wurde. Dabei wurden die Vergünstigungen des § 13a ErbStG jedoch nur noch für einen Teil der Beteiligungen gewährt. Der Bescheid erging wieder an den Vater des Klägers als gesetzlichen Vertreter. Im einleitenden Text heißt es wörtlich: „Der Bescheid ändert den Bescheid vom 09.10.2009 gemäß § 164 Abs. 2 AO“. In der Abrechnung erging eine Zahlungsaufforderung über EUR 3.333.507,00 (abzurechnen sind EUR 10.031.640,00, bereits getilgt EUR 6.698.133,00). Der Vater zahlte erneut den fälligen Betrag. Der Bescheid wurde mit Einspruch angefochten.
Im Verlauf des Einspruchsverfahrens ergingen am 16.12.2013 und am 03.02.2014 weitere Änderungsbescheide. Mit Schreiben vom 21.01.2014 teilte das Finanzamt zudem mit, es beabsichtige eine Verböserung hinsichtlich der Vergünstigungen des § 13a ErbStG, sodass keinerlei Vergünstigungen mehr anerkannt werden. Die Steuer wurde entsprechend heraufgesetzt.
Im Klageverfahren trug der Kläger vor, die Bescheide vom 26.10.2010, 16.12.2013 und 03.02.2014 hätten den gegenüber dem Vater ergangenen Bescheid vom 09.10.2009 nicht geändert, da sie nicht an den Vater, sondern nur an den Kläger gerichtet gewesen seien. Das Finanzgericht wies die Klage ab.
Der BFH hob mit Gerichtsbescheid vom 23.11.2022 alle gegenüber dem Kläger erlassenen Bescheide auf, da diese rechtswidrig gewesen seien. Beim ersten Bescheid habe das Finanzamt sein Ermessen bezüglich der Inanspruchnahme mehrerer Gesamtschuldner nicht ausgeübt. Bei den übrigen Bescheiden wurde nicht berücksichtigt, dass ein Teil der Steuerschuld bereits getilgt worden sei und daher nicht hätte festgesetzt werden dürfen.
Daraufhin hob das Finanzamt am 10.05.2023 alle Bescheide auf und erließ einen neuen Bescheid gegenüber dem Kläger, in dem die gesamte Steuer in Höhe von EUR 15.800.340,00 gegen den Kläger festgesetzt wurde. In dem Bescheid erfolgte unter der Überschrift „Steuerfestsetzung“ eine nähere Erläuterung der Festsetzung. Dabei wurde die durch den Vater (Schenker) bereits geleistete Zahlung in Höhe von EUR 6.698.133,00 abgezogen und eine „festgesetzte Steuer“ in Höhe von EUR 6.829.463,3,00 aufgeführt. Im Anschluss erfolgte ein Ausgleich durch Verrechnung in Höhe von EUR 6.829.463,31, sodass die Aufstellung mit „Noch zu zahlen“ in Höhe von EUR 0,00 endete.
Der BFH hob das Urteil des Finanzgerichts aus verfahrensrechtlichen Gründen auf, da sich während des Revisionsverfahrens der Verfahrensgegenstand geändert habe. An die Stelle der ursprünglich angefochtenen und im Laufe des Verfahrens aufgehobenen Bescheide sei der Bescheid vom 10.05.2023 getreten. Weiterhin sei der Schenkungsteuerbescheid vom 10.05.2023 nichtig, da aus diesem für den Kläger nicht eindeutig hervorgehe, in welcher Höhe die Schenkungsteuer gegen ihn festgesetzt worden sei. Ein Verwaltungsakt muss gemäß § 119 Abs. 1 AO inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Er ist unwirksam, soweit er offenkundig an einem besonders schwerwiegenden Fehler leide. Dies treffe auf den Bescheid zu, da der Tenor des Schenkungsteuerbescheids im Widerspruch zu dessen Begründung stehe.
Weiterhin lasse der Bescheid nicht erkennen, dass die festgesetzte Steuerschuld durch die Zahlung des Vaters materiell erloschen sei. Entrichte der Schenker, wie im konkreten Fall, die ihm gegenüber festgesetzte Schenkungsteuer in vollem Umfang, so erlösche diese auch gegenüber dem Beschenkten, da beide als Gesamtschuldner gelten. Zwar sei in der Begründung des Bescheids die durch den Vater (Schenker) bereits geleistete Zahlung abgezogen und eine niedrigere als die im Tenor festgesetzte Steuer (EUR 15.800.340,00) als festgesetzt ausgewiesen worden. Dadurch werde aber nicht hinreichend deutlich, dass die Steuer gegenüber dem Kläger (Beschenkter) bereits erloschen ist. Der Bescheid leide somit an einem schwerwiegenden Fehler im Sinne des § 125 Abs. 1 AO und sei aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit aufzuheben.
Im Übrigen musste der BFH nicht darüber befinden, ob die Begünstigungen des § 13a Abs. 1 ErbStG zu Recht nicht zu gewähren waren, da der Schenkungsteuerbescheid bereits aus formellen Gründen aufzuheben war. (BFH, Urteil vom 08.11.2023, II R 22/20)
31. Besteuerung eines betagten Vermächtnisses im Falle einer Jastrowschen Klausel
Vom Anfall des Vermächtnisses ist dessen Fälligkeit zu unterscheiden: Mit einem sogenannten betagten Vermächtnis kann der Erblasser anordnen, dass der mit seinem Tod entstehende Vermächtnisanspruch erst zu einem späteren Zeitpunkt vom Beschwerten erfüllt werden muss. Der BFH hatte im folgenden Urteilsfall u. a. zu entscheiden, ob die betagten Vermächtnisschulden nach der sogenannten Jastrowschen Klausel als Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzugsfähig sind.
Im Streitfall errichteten die Eltern der Klägerin zunächst ein sogenanntes Berliner Testament. Hierbei setzten sich die Eltern gegenseitig als Alleinerben ein, wobei der überlebende Ehegatte über den Nachlass und sein eigenes Vermögen frei verfügen konnte. Als Erben des überlebenden Ehegatten setzten die Eheleute die Klägerin und drei ihrer Schwestern ein. Ein Bruder und eine weitere Schwester wurden enterbt.
Teil des Testaments war weiterhin eine sog. Jastrowsche Klausel. Diese wird oft in Berliner Testamenten eingesetzt und besagt, dass, wenn eines der Kinder nach dem Tod des zuerst verstorbenen Elternteils seinen Pflichtteil einfordert, es auch aus dem Nachlass des zuletzt verstorbenen Elternteils lediglich den Pflichtteil erhalten soll. Kinder, die beim Tod des ersten Elternteils keinen Pflichtteil beanspruchen, sollen hingegen beim Tod des länger lebenden Elternteils ein Vermächtnis in Höhe des Pflichtteils aus dem Nachlass des Erstverstorbenen erhalten, das erst mit dem Tod des länger lebenden Elternteils fällig wird.
Die enterbten Geschwister der Klägerin machten nach dem Tod des erstverstorbenen Vaters ihren Pflichtteil geltend. Die Klägerin erwarb daher beim Tod des Vaters ein entsprechendes Vermächtnis, das mit dem Tod der Mutter fällig wurde.
Nach dem Tod der Mutter wurde gegenüber der Klägerin Erbschaftsteuer für den Erwerb nach der Mutter festgesetzt. Dabei wurde das Vermächtnis weder zum Erwerb hinzugezählt noch als Nachlassverbindlichkeit abgezogen. Die Klägerin hingegen war der Meinung, dass das Vermächtnis als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig sein müsste, da es ihr doppelt hinzugerechnet worden sei. Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet zurück.
Der BFH schloss sich mit seinem Urteil vom 11.10.2023 (II R 34/20) der Auffassung des Finanzgerichts an und verneinte eine Doppelbesteuerung des Vermächtnisses bei der Klägerin. Der Wert des Vermächtnisses wurde zunächst einmal nach dem Tod des Vaters bei der Mutter besteuert. Da das Vermächtnis zwar damals entstand, aber erst bei dem Tod der Mutter fällig wurde, ging der Nachlass des Vaters ungeschmälert auf die Mutter über. Die Mutter konnte die Vermächtnisverbindlichkeit nicht bei ihrem Erbe in Abzug bringen, weil sie mangels Fälligkeit diese Schuld nicht zu begleichen hatte.
Die Klägerin hatte aufgrund der Jastrowschen Klausel das mit dem Tod des erstverstorbenen Vaters angefallene Vermächtnis, welches aber erst bei der letztverstorbenen Mutter fällig geworden ist, als von der Mutter stammend zu versteuern. Als Schlusserbin unterlag bei ihr außerdem der Nachlass nach der Mutter der Erbschaftsteuer. Sie konnte dort die fällig gewordene Vermächtnisverbindlichkeit als Nachlassverbindlichkeit im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG geltend machen.
In dem angefochtenen Bescheid erfolgte also keine Doppelbesteuerung. Es handelt sich um zwei separate Erwerbsvorgänge: zunächst der Erwerb beim Tod des Vaters, bei dem das Vermächtnis entsteht, jedoch noch nicht fällig ist. Im Anschluss der Erwerb nach dem Tod der Mutter, bei dem das Vermächtnis fällig wird. Dass im Ergebnis zweimal Erbschaftsteuer entsteht – einmal bei der Mutter und ein weiteres Mal bei der Klägerin –, ist für den Steuerpflichtigen zwar steuerlich ungünstig, jedoch aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Im konkreten Urteilsfall konnte die Klägerin zudem nach dem Tod der Mutter die Vermächtnisschuld als Nachlassverbindlichkeit abziehen, wodurch sich neutralisiert, dass sie selbst das Vermächtnis versteuern muss.
Die Entscheidung des BFH verdeutlicht, dass es im Falle eines betagten Vermächtnisses zu keiner doppelten Besteuerung kommt, wenn auch die steuerliche Belastung für betroffene Erben ungünstig sein kann. Es ist daher ratsam, sich frühzeitig steuerlich beraten zu lassen, um finanzielle Auswirkungen besser einschätzen zu können.
BFH, Urteil vom 11.10.2023 (II R 34/20)
C. INFORMATIONEN RUND UM KAPITALGESELLSCHAFTEN
1. Größenklassen – Neuregelung – Nachhaltigkeitsberichterstattung
Die Größenklasse einer Gesellschaft (Kleinstkapitalgesellschaft sowie kleine, mittelgroße und große Kapitalgesellschaft) hängt weiterhin von drei Schwellenwerten ab.
Die EU-Kommission hat am 17.10.2023 eine Richtlinie zur Änderung der Schwellenwerte vorgelegt. Die Schwellenwerte wurden um ca. 25 % erhöht. Die Anzahl der Mitarbeiter bleibt in allen Größenklassen unverändert. Das Gesetz ist am 17.04.2024 in Kraft getreten.
Künftig gelten folgende Schwellenwerte:
- Bilanzsumme
- Umsatzerlöse
- Durchschnittliche Zahl der Arbeitnehmer
Beträge | Klein | Mittel |
Groß
|
Bilanzsummen in Mio. EUR | > 0,45 – 7,5 | > 7,5 – 25 | > 25 |
Umsatz in Mio. EUR | > 0,9 – 15 | > 15 – 50 | > 50 |
Mitarbeiter | > 10 – 50 | > 50 – 250 | > 250 |
Mit Anhebung der Schwellenwerte werden weniger Unternehmen
· prüfungspflichtig sein (ab mittelgroß) und
· eine Nachhaltigkeitsberichterstattung abgeben müssen (ab groß).
Die Änderung der EU-Bilanzrichtlinie wurde ins HGB transformiert.
- In Grenzbereichen: Einflussnahme auf die Bilanzsumme zum 31.12.2024
Reduzierung Verminderung der Leasing Forderungs- Ausgliederung
der Vorräte Liquidität durch verkäufe auf Tochter-
Schuldenrückführung, unternehmen
Ausschüttung oder
Entnahme
Einzureichende Unterlagen zur Offenlegung, Erklärungen und Angaben
Die Übersicht zeigt den Umfang der einzureichenden Unterlagen, Erklärungen und Angaben unter Berücksichtigung der rechtsformspezifischen Besonderheiten sowie der größenabhängigen Erleichterungen für kleine Gesellschaften.
Kleine Gesellschaften | Mittelgroße Gesellschaften | Große Gesellschaften | |
Jahresabschluss
| x (1) (2) (3) | | |
Lagebericht | (4) | | |
Vorschlag über die Verwendung des Ergebnisses | | (5) (6) | (5) (6) |
Beschluss über die Verwendung des Ergebnisses | | (5) (6) | (5) (6) |
Bestätigungsvermerk (nur bei prüfungspflichtigen Gesellschaften) | | | |
Bericht des Aufsichtsrats (nur bei AG) | | | |
Datum der Feststellung (Billigung) des Jahresabschlusses (Konzernabschlusses) | | | |
Verpflichtungen nach Gesellschaftsvertrag oder Satzung (§ 325 Abs. 5 HGB) | | | |
Spezialvorschriften nach anderen Gesetzen | | | |
(1) Kleine Gesellschaften müssen keine Gewinn- und Verlustrechnung einreichen.
(2) Bei kleinen Gesellschaften können im Anhang die Angaben zur Gewinn- und
Verlustrechnung entfallen.
(3) Kleine Kapitalgesellschaften, die die Größenmerkmale des § 267a HGB nicht
überschreiten (Kleinstkapitalgesellschaften), brauchen den Jahresabschluss nicht um
einen Anhang zu erweitern. Stattdessen sind bestimmte Angaben „unter der Bilanz“ zu
machen.
(4) Keine Verpflichtung zur Aufstellung eines Lageberichts; daher keine Verpflichtung zur
Einreichung.
(5) Mit Änderung BilRUG ab 2016 Pflicht bei Jahresabschlüssen ab 2016.
(6) Mit Änderung BilRUG ab 2016 Pflicht bei Jahresabschlüssen ab 2016.
Einführung einer Nachhaltigkeitsberichterstattung
Eine wesentliche Auswirkung wird die Erweiterung der nicht finanziellen Berichterstattung im Lagebericht sein. Wichtige Aspekte der Nachhaltigkeitsberichterstattung sind:
• Chancen und Risiken von Nachhaltigkeitsaspekten auf das Geschäftsmodell
• Sicherstellung des Geschäftsmodells und Strategie im Einklang mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens
• Beschreibung der Nachhaltigkeitsziele
• Beschreibung der Ergebnisse bei der Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele
• Beschreibung der Nachhaltigkeitspolitik des Unternehmens
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird prüfungspflichtig sein. Vom Anwendungsbereich sind kleine und mittlere Unternehmen noch ausgenommen. Es wird aber vermutet, dass KMU mittelbar betroffen sein werden, wenn ihre Unternehmenskunden zur Berichterstattung derer Wertschöpfungsketten entsprechende Informationen bei ihren Zulieferern abfragen.
2. Offenlegung des Jahresabschlusses
Durch die Einordnung in eine kleinere Kapitalgesellschaftsgröße können sich Erleichterungen bei der Offenlegung des Jahresabschlusses ergeben (siehe unter 1.). Eine Neuregelung gab es nach dem MicroBilG für Kleinstunternehmen (siehe nachfolgend unter 3.).
Jahresabschluss, Lagebericht und Bestätigungsvermerk sind nach § 325 HGB gemeinsam innerhalb der entsprechenden Fristen offenzulegen. Es ist nicht mehr zulässig, zunächst einen ungeprüften Jahresabschluss einzureichen, um Offenlegungsfristen einzuhalten. Zudem sind die festgestellten Abschlüsse offenzulegen. Falls der Jahresabschluss oder der Lagebericht geändert wird, ist die Änderung gesondert offenzulegen. Bei Verstößen gegen diese Verpflichtung wird das Bundesministerium der Justiz automatisch tätig. Abschlüsse für 2023 sind also spätestens bis zum 31.12.2024 einzureichen, wenn das Wirtschaftsjahr gleich dem Kalenderjahr ist.
Zu beachten ist, dass bei den Jahresabschlüssen auch das Feststellungsdatum mit zu veröffentlichen ist. Das Feststellungsdatum ist das Datum, an dem die Gesellschafterversammlung den Jahresabschluss genehmigt, dem Geschäftsführer Entlastung erteilt und den Beschluss über die Gewinn-/Verlustverwendung trifft (Protokoll der Gesellschafterversammlung).
Nach den §§ 331 ff. HGB sind Verstöße gegen Vorschriften zur Rechnungslegung, Prüfung und Offenlegung von Jahresabschlüssen sanktionsbewehrt. Das Bundesamt für Justiz kann Ordnungsgelder festsetzen, um die Offenlegungspflichten der §§ 325, 325a HGB zu erzwingen. Die Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH prüft die fristgerechte und vollständige Einreichung der Unterlagen und unterrichtet bei fehlerhafter Offenlegung von Amts wegen das Bundesamt für Justiz.
Eine falsche Offenlegung, z. B. der Jahresabschluss wird vollständig formal eingereicht, ist materiell, aber lückenhaft (z. B. Anhang ohne Angaben zu Restlaufzeiten), stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und führt bei vorsätzlichem Verhalten zu einer Geldbuße bis zu EUR 50.000,00. Werden die Verhältnisse der Kapitalgesellschaft im Jahresabschluss oder Lagebericht unrichtig wiedergegeben oder verschleiert, so kann eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe festgesetzt werden.
Mindestordnungsgeld
Wer seine Jahresabschlussunterlagen nicht oder nicht fristgerecht offengelegt hat, muss grundsätzlich mit einem Ordnungsgeld von mindestens EUR 2.500,00 rechnen. Maßgeblich ist das Datum der Einreichung – es besteht keine Möglichkeit der Fristverlängerung. Die Offenlegung muss binnen 12 Monaten nach dem Abschlussstichtag erfolgen. Der Höchstbetrag beträgt weiter EUR 25.000,00 (evtl. auch mehrfach, d. h., man kann sich hier nicht „freikaufen“). Das Verfahren setzt sich so lange fort, bis alle Unterlagen offengelegt sind oder die Unterlassung gerechtfertigt wird. Damit gibt es keine Höchstgrenze für die Ordnungsgelder insgesamt.
Die Mindestordnungsgelder wurden bei Kleinstkapitalgesellschaften nach MicroBilG auf EUR 500,00 und bei kleinen Kapitalgesellschaften auf EUR 1.000,00 herabgesetzt, wenn die Sechswochenfrist zwar nicht eingehalten wird (also verspätet), jedoch die Offenlegung vor Tätigwerden des Bundesamtes für Justiz nachgeholt wird. Ist das Ordnungsgeld bereits festgesetzt, dann kann keine Herabsetzung mehr erfolgen.
Zulassung einer Rechtsbeschwerde
Gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes durch das Bundesamt für Justiz kann Beschwerde beim Landgericht Bonn eingelegt werden.
3. Hinterlegung für Kleinstunternehmen
Kleinstunternehmen sind solche, die an den letzten zwei Bilanzstichtagen zwei der drei nachstehenden Merkmale nicht überschreiten. Sie können Offenlegungserleichterungen in Anspruch nehmen (Befreiung von bestimmten Bilanzierungspflichten sowie Verzicht auf Anhang). Es kann eine Hinterlegung beim Unternehmensregister erfolgen, sodass die Daten nur bei Nachfrage an Dritte zur Information herausgegeben werden. Mit einem Hinterlegungsauftrag geht das Erfordernis einher, gegenüber dem Betreiber des Bundesanzeigers zu erklären, dass mindestens zwei der drei in § 267a Abs. 1 HGB genannten Größenmerkmale an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen nicht überschritten werden. Die Erklärung ist formlos abzufassen.
- Bilanzsumme: TEUR 450
- Jahresumsatz: TEUR 900
- Im Jahresdurchschnitt 10 Arbeitnehmer
Die Bilanz für Kleinstkapitalgesellschaften
Das MicroBilG sieht für Kleinstkapitalgesellschaften die Aufstellung einer gegenüber der Bilanz von kleinen Kapitalgesellschaften nochmals verkürzten Bilanz vor. Danach sind hier mindestens die mit Buchstaben laut HGB bezeichneten Posten anzugeben.
Die Angaben unter der Bilanz
Kleinstkapitalgesellschaften können auf den Anhang verzichten, wenn folgende Angaben unter der Bilanz ausgewiesen werden:
- Die in § 251 und § 268 Abs. 7 HGB genannten Angaben (Haftungsverhältnisse)
- Die in § 285 Nr. 9c HGB genannten Angaben (an die Organe gewährte Vorschüsse/ Kredite sowie die zugunsten dieser Personen eingegangenen Haftungsverhältnisse)
- Im Falle einer AG/KGaA die in § 160 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AktG genannten Angaben (Bestand eigener Aktien)
Hier können neben den drei in § 264 Abs. 1 S. 5 HGB genannten Angaben noch weitere Pflichten aus anderen Vorschriften hinzukommen:
- Haftungsverhältnisse (Verbindlichkeiten aus der Begebung von Wechseln, aus Bürgschaften, Wechsel- und Scheckbürgschaften und aus Gewährleistungsverträgen sowie Haftungsverhältnisse aus der Bestellung von Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten)
- Vorschüsse/Kredite an Geschäftsführer/Aufsichtsrat sowie zugunsten dieser Personen eingegangene Haftungsverhältnisse
- Bestand eigener Aktien (bei AG/KGaA – ab BilRUG KGaA nicht mehr)
- Ausleihungen/Forderungen/Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern
- Angaben zu Pensionsverpflichtungen bei Altzusagen und mittelbaren Zusagen
- Inanspruchnahme der 15-jährigen Übergangsregelung bei Pensionsverpflichtungen
- Angaben zur Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, in denen durch die kumulierte Darstellung der Bilanz und GuV kein ausreichender Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt wird (z. B., wenn hohe Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern Eigenkapitalersatz darstellen)
- Befreiung von der Pflicht zur (Teil-)Konzernrechnungslegung
- Schlusserklärung zum Abhängigkeitsbericht
4. Die E-Bilanz – der Jahresabschluss 2023 ist elektronisch zu übermitteln
Übertragen werden müssen nach § 5b Abs. 1 EStG Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz, und zwar entweder die Handelsbilanz mit steuerlicher Überleitungsrechnung oder die Steuerbilanz. Betroffen sind davon Gewerbetreibende, Freiberufler, Land- und Forstwirte, Personen- und Kapitalgesellschaften, Vereine, Betriebe gewerblicher Art etc. Die Übertragung ist größenunabhängig. Die maßgebliche Steuertaxonomie ist unter www.esteuer.de veröffentlicht worden. Sie wird permanent angepasst.
Auf www.esteuer.de kann ein Vergleichsdokument zwischen der aktuellen Taxonomie und der Vor-Taxonomie aufgerufen werden. Darin sind die Veränderungen u. a. farblich dargestellt. Dieses Dokument dient dazu, die Änderungen zu identifizieren und zu prüfen, welche Anpassungen bei der Erstellung der E-Bilanz erforderlich sind.
Wird die E-Bilanz nicht übertragen, dann kann es zur Androhung und Festsetzung von Zwangsgeldern kommen.
Der Bundesrat schlägt eine Ausweitung der mit der E-Bilanz zu übermittelnden Daten vor. Neben Bilanz und GuV sollen auch die unverdichteten Kontennachweise mit Kontensalden sowie der Anlagespiegel und das Anlagenverzeichnis übertragen werden. Sofern ein Anhang, Lagebericht, Prüfbericht oder ein Verzeichnis nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG vorliegt, sollen auch diese Daten zukünftig nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz übermittelt werden.
5. Digitaler Finanzbericht und Rückkanal
Im Zuge der Digitalisierung von Geschäftsprozessen werden Finanzinformationen wie Jahresabschlüsse und Einnahmenüberschussrechnungen heute fast ausnahmslos digital aufbereitet.
Banken und Sparkassen haben, begleitet von den berufsständischen Organisationen der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, Anbietern von Buchhaltungssoftware und weiteren Beteiligten, den einheitlichen Standard „Digitaler Finanzbericht“ (DiFin) entwickelt. Damit steht ein effizientes, medienbruchfreies und sicheres Verfahren zur Verfügung.
Im Anschluss an die Ermittlung des digitalen Finanzberichts können über den Rückkanal aktuelle Kreditparameter wie Sollzinssatz, Kontokorrentlinie und Überziehungszinssatz sowie Zins- und Tilgungspläne der teilnehmenden Banken und Sparkassen an die Kanzlei übertragen werden. Zur Erstellung eines Sicherheitenspiegels für den Jahresabschluss erhalten Sie Informationen zur Besicherung der Darlehen.
Die Vorteile sind:
· Der digitale Finanzbericht ist rechtlich dem bisherigen Papierabschluss gleichgestellt.
· Sichere Übermittlung
· Schnellere Bearbeitungszeit bei Kreditinstituten
· Keine Veränderung der Haftungssituation gegenüber der „klassischen“ Vorgehensweise
· Datentiefe und Umfang wie bisher
· Ein standardisierter Ablauf reduziert zeit-, kosten- und arbeitsintensive Rückfragen.
Zur Teilnahme am Verfahren ist lediglich die Abgabe der Teilnahme- und Verbindlichkeitserklärung (TVE) an die Hausbank notwendig. Das entsprechende Formular erhalten Sie bei Ihrer Bank oder Sparkasse. Informieren Sie dann Ihren Steuerberater oder Ihren Wirtschaftsprüfer mit einer Kopie der TVE, damit dieser die elektronische Übermittlung übernehmen kann und eine entsprechende Vereinbarung mit Ihnen geschlossen werden kann. Sie erklären mit der TVE die Verbindlichkeit der übermittelten Jahresabschlüsse. In der TVE ist der Steuerberater/Wirtschaftsprüfer als Übermittler einzutragen, um ihn gegenüber der Bank zu autorisieren.
6. Corona, Ukraine-Krieg – Folgen für die Rechnungslegung
Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hatte drei fachliche Hinweise veröffentlicht, die sich damit befassen, welche Folgen das Virus auf die Rechnungslegung (HGB/IFRS) hat.
· Teil 1 dreht sich um die Auswirkungen der Coronapandemie auf ausgewählte Aspekte der HGB- und IFRS-Rechnungslegung für Abschlüsse und Lageberichte und deren Prüfung.
· Teil 2 baut auf diesem Hinweis auf bzw. ergänzt ihn, u. a. um die Auswirkungen auf Abschlüsse und Lageberichte für Berichtsperioden, die nach dem 31.12.2019 enden, und um ausführlichere Hilfestellungen zum Prüfungsprozess. Soweit die Ausführungen im Hinweis vom 04.03.2020 auch Relevanz für Berichtsperioden haben, die nach dem 31.12.2019 enden, wird – um Wiederholungen zu vermeiden – auf diese verwiesen.
· Teil 3 ergänzt die vorangegangenen Teile um weitere Hinweise u. a. zu ausgewählten Zweifelsfragen zu den Auswirkungen auf die Rechnungslegung nach HGB und IFRS sowie zu den Auswirkungen auf die Prüfung.
Auswirkungen des Ukraine-Kriegs
Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat auch Auswirkungen auf deutsche Unternehmen. Das IDW hat bereits im März 2022 einen fachlichen Hinweis „Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Rechnungslegung und deren Prüfung“ veröffentlicht und inzwischen 4 Updates dazu herausgegeben.
7. Steuerliche Behandlung inkongruenter Gewinnausschüttungen
Die in einer GmbH erwirtschafteten Gewinne können an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. Obwohl dies üblicherweise erst nach Feststellung des Bilanzgewinns geschieht, haben GmbH-Gesellschafter die Möglichkeit, eine Vorabausschüttung des Gewinns durchzuführen. Dann gilt wie bei jeder Gewinnausschüttung: Enthält der Gesellschaftsvertrag keine gesonderte Regelung zur Gewinnverteilung, bestimmt § 29 Abs. 3 Satz 1 GmbHG, dass die Gewinne im Verhältnis der Geschäftsanteile verteilt werden.
Gemäß § 29 Abs. 3 Satz 2 GmbHG kann in der Satzung aber auch eine von den Geschäftsanteilen abweichende Gewinnverteilung vereinbart werden. Laut bisheriger Rechtsprechung wurden solche sogenannten inkongruenten Gewinnausschüttungen nur steuerlich anerkannt, wenn im Gesellschaftsvertrag ein anderer Maßstab als das Verhältnis der Geschäftsanteile für die Verteilung des Gewinns vereinbart wurde. Alternativ konnte das Vorliegen einer entsprechenden Klausel in der Satzung genügen, wonach jährlich einstimmig oder zumindest mit Zustimmung der beeinträchtigten Gesellschafter über eine von der satzungsmäßigen Regelung abweichende Gewinnverteilung beschlossen werden kann (vgl. BMF-Schreiben vom 17.12.2013, BStBl 2014, S. 63). Dem hat der BFH mit Urteil vom 28.09.2022 widersprochen.
Der BFH stellte klar, dass von der Satzung abweichende Gesellschafterbeschlüsse mit Dauerwirkung nichtig sind, wenn nicht alle Bestimmungen einer Satzungsänderung (notarielle Beurkundung, Eintragung ins Handelsregister) eingehalten werden. Hiervon abzugrenzen sind allerdings satzungsdurchbrechende punktuelle Beschlüsse, durch die die Satzung nicht mit Wirkung für die Zukunft geändert werden soll. Solche Beschlüsse sind nicht nichtig, sondern lediglich bei der Gesellschaft anfechtbar. Da im Urteilsfall allerdings sämtliche GmbH-Gesellschafter einstimmig der inkongruenten Gewinnverteilung zugestimmt haben, konnte der Beschluss nicht angefochten werden (BFH, Urteil vom 28.09.2022, VIII R 20/20).
Mit dem BMF-Schreiben vom 04.09.2024 passt die Finanzverwaltung nun die Rechtsauffassung an. Danach sind inkongruente Gewinnausschüttungen steuerrechtlich grundsätzlich anzuerkennen, wenn sie zivilrechtlich wirksam sind.
Bei GmbHs sind insbesondere die folgenden Fallgruppen zu unterscheiden:
· eine abweichende Regelung der Gewinnverteilung wurde im Gesellschaftsvertrag beschlossen und die Ausschüttung entspricht diesem Verhältnis,
· eine Öffnungsklausel für die abweichende Gewinnverteilung liegt im Gesellschaftsvertrag vor und die beeinträchtigten Gesellschafter stimmen zu,
· es handelt sich um einen punktuell satzungsdurchbrechenden Beschluss für eine Vorabausschüttung,
· es liegt eine gespaltene Gewinnverwendung mit einer zeitlich inkongruenten Gewinnausschüttung vor, wobei grundsätzlich eine Gewinnthesaurierung erfolgt und nur der Gewinn der Minderheitsgesellschafter ausgeschüttet wird.
Bei einer AG hingegen liegen strengere Anforderungen vor. Hier werden inkongruente Gewinnausschüttungen nur dann steuerlich anerkannt, wenn in der Satzung ein vom Verhältnis der Anteile am Grundkapital abweichender Gewinnverteilungsschlüssel festgelegt wurde und die Ausschüttung diesem Verhältnis entspricht. Das heißt, bei einer AG wird im Umkehrschluss eine inkongruente Gewinnausschüttung aufgrund einer Öffnungsklausel in der Satzung nicht anerkannt.
Der durch das neue BMF-Schreiben erfolgte Gleichlauf zwischen Finanzverwaltung und aktueller Rechtsprechung führt zu einer größeren Rechtssicherheit. Unklar bleibt hingegen, warum die Grundsätze nur für Vorabgewinnausschüttungen, nicht aber auch für andere Gewinnausschüttungen gelten sollten. Hier bleibt für die Zukunft abzuwarten, ob das BMF für weitere Klarstellung sorgen wird.
8. Voraussetzungen für den Ansatz einer Pensionsrückstellung
Gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG sind bei der Bildung von Pensionsrückstellungen folgende Voraussetzungen zu beachten:
· Die Pensionszusage muss schriftlich erteilt werden
· und die Pensionszusage muss eindeutige Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der künftigen Leistung enthalten.
In diesem Zusammenhang hatte der BFH mit Urteil vom 28.02.2024 (I R 29/21) über einen Fall entschieden, bei dem die o. g. Voraussetzungen nur teilweise erfüllt und einzelne Teile der Versorgungszusage uneindeutig formuliert waren:
Die Klägerin – eine GmbH – erteilte nach einem Gesellschafterbeschluss im Jahr 1985 ihren damaligen Gesellschafter-Geschäftsführern eine Pensionszusage. Unter anderem sollte eine Altersrente bei Ausscheiden aus der Gesellschaft mit Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren gewährt werden. Weiterhin bestand die Möglichkeit eines früheren Bezugs der Altersrente bei Ausscheiden aus der Gesellschaft, frühestens aber nach Vollendung des 60. Lebensjahres. Im Jahr 2010 schieden die Gesellschafter als Geschäftsführer aus und übertrugen ihre Anteile auf ihre Söhne. Zu dieser Zeit waren die beiden ehemaligen Gesellschafter 56 und 58 Jahre alt. Die GmbH bildete in ihren Steuerbilanzen Pensionsrückstellungen, welche jedoch vom Fachprüfer des Finanzamts beanstandet wurden. Da die beiden Gesellschafter vor dem 60. Lebensjahr ausgeschieden seien, komme eine Altersrente erst ab dem 65. Lebensjahr in Betracht und die Rückstellungszuführungen sowie die Rentenzahlungen seien als verdeckte Gewinnausschüttungen zu werten.
Nach einem erfolglosen Klageverfahren gab der BFH der Revision statt und hob die Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf auf. An dieses wurde die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Pensionszusagen sind – so der BFH – nach den allgemeinen Auslegungsregelungen zu beurteilen, soweit ihr Inhalt nicht klar und eindeutig feststeht. Da im genannten Sachverhalt die Pensionszusage nicht eindeutig formuliert wurde, ist zu prüfen, ob und in welchem Ausmaß die in § 6a Abs. 1 EStG angeführten Voraussetzungen erfüllt sind.
Das bedeutet, dass bei einer Pensionsrückstellung neben der Prüfung der grundsätzlichen Voraussetzungen für ihre Bildung auch stets die Angemessenheit der Höhe der Zusage zu prüfen ist. Diese beiden Prüfungen müssen dabei getrennt, auch im Hinblick auf einzelne Komponenten der Versorgungszusage erfolgen. Für den Fall bedeutet das konkret, dass eine Pensionsrückstellung für die Altersrentenzusagen dem Grunde nach zu bilden ist und die Höhe auf der Grundlage eines Alters von 65 Jahren zu ermitteln ist. Insofern ist die Zusage eindeutig.
Die Entscheidung des BFH ist insoweit zu begrüßen, als der Finanzverwaltung Grenzen gesetzt werden, eine Pensionsrückstellung insgesamt zu verwerfen, weil einzelne Teile einer Zusage nicht eindeutig formuliert sind. Dennoch sollte man sich nicht darauf verlassen, sondern bei der Abfassung der Pensionszusage auf eindeutige Regelungen und Formulierungen achten. Darüber hinaus ist es empfehlenswert, in regelmäßigen Abständen zu prüfen, ob die Zusage noch dem aktuellen Rechtsstand entspricht. Handlungsbedarf kann sich hier insbesondere durch folgende Änderungen ergeben:
· Gesetzesänderungen,
· Urteile des BFH,
· Verwaltungsauffassungen,
· Änderungen in den Lebensumständen derjenigen, denen die Zusage erteilt wurde.
9. Auslegung der Begriffe „Überführung“ bzw. „Übertragung“ im Rahmen der erweiterten Gewerbesteuerkürzung
Sich mit der Bedeutung von Begrifflichkeiten auseinanderzusetzen, mag auf den ersten Blick trivial erscheinen, kann aber in der Praxis von großem Wert sein, denn wie so oft im Steuerrecht sind es die Feinheiten, die den Unterschied ausmachen. Es überrascht nicht, dass die Finanzämter hin und wieder selbst aufgrund einer missverständlichen Auslegung ebensolcher Details Entscheidungen zuungunsten des Steuerpflichtigen treffen. Beispiele hierzu bietet die Rechtsprechung freilich genug.
Dies verdeutlicht der BFH mit einem Urteil aus 2021, welches einmal mehr ein Missverständnis aus dem Weg räumt. Gegenstand ist die erweiterte Gewerbesteuerkürzung im Falle eines Formwechsels von einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft zu Buchwerten.
Nach § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 2 GewStG ist die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ausgeschlossen, soweit der Gewerbeertrag Gewinne aus der Aufdeckung stiller Reserven aus Grundbesitz enthält, der innerhalb von drei Jahren vor der Aufdeckung der stillen Reserven zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert in das Betriebsvermögen des aufdeckenden Gewerbebetriebs überführt oder übertragen worden ist, und soweit diese Gewinne auf bis zur Überführung oder Übertragung entstandene stille Reserven entfallen. Schon 2005 hatte der BFH festgestellt, dass ein Formwechsel von einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft ein tauschähnlicher entgeltlicher Rechtsträgerwechsel ist, der grundsätzlich unter diese Norm fällt. Jedoch hält er nun auch fest, dass die Begriffe „Überführung“ bzw. „Übertragung“ im Zusammenhang mit § 4 Abs. 2 S. 3 UmwStG zu werten sind. Demnach ist der Zeitraum der Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen der übertragenden Gesellschaft der übernehmenden Gesellschaft anzurechnen.
Wenn also, wie aktuell verhandelt, die durch formgewechselte Personengesellschaft entstandene Kapitalgesellschaft ein Grundstück veräußert, welches mehr als drei Jahre im Betriebsvermögen der ursprünglichen Gesellschaft war, ist die erweiterte Kürzung zu gewähren.
10. Einführung eines vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahrens
Der Gesetzgeber hat im Rahmen des StaRUG ein vorinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren eingeführt, um insolvenzabwendende Sanierungen zu erleichtern. Damit sollen sich Unternehmen auf der Grundlage eines von Gläubigern mehrheitlich angenommenen Restrukturierungsplans sanieren können. Das Unternehmen soll die Verhandlungen zu diesem Restrukturierungsplan selbst führen und den Plan selbst zur Abstimmung stellen können.
Möglich ist das Verfahren im Stadium der drohenden und noch nicht eingetretenen Zahlungsunfähigkeit. Ziel ist die Restrukturierung von Teilen der Passivseite mittels Restrukturierungsplan. Nicht einbeziehbar sind: Forderungen aus Arbeitsverhältnissen inkl. Pensionsverpflichtungen, nachrangige Forderungen / deliktische Forderungen sowie nicht unternehmerische Forderungen (kann Problem bei e. K. sein). Zusätzliche Voraussetzung ist die Zustimmung der planbetroffenen Gläubiger (Summenmehrheit).
Folgende Verfahren werden zur Unternehmenssanierung grob unterschieden:
StaRUG
· Drohende Zahlungsunfähigkeit
· Kein Insolvenzgeld
· Keine Erleichterungen beim Lösen von Dauerschuldverhältnissen
Schutzschirm
· Drohende Zahlungsunfähigkeit
· Sanierungsbescheinigung
· Finanzplan (6 Monate)
· Konzept zur Durchführung des Verfahrens
· Kostenvergleich
Eigenverwaltung
· (Drohende) Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung
· Finanzplan (6 Monate)
· Konzept zur Durchführung des Verfahrens
· Kostenvergleich
Regelverfahren
· (Drohende) Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung
Es sollte frühzeitig insolvenzrechtlicher Rat eingeholt werden. Hier kann gegebenenfalls auch der Fachberater für Restrukturierung und Unternehmensplanung (DStV e. V.) weiterhelfen.
11. Meldepflichten zum Transparenzregister
Am 01.08.2021 ist das sogenannte Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Kraft getreten. Das Gesetz regelt die Umwandlung des Transparenzregisters von einem Auffangregister, das zumeist auf andere Register wie das Handels-, Genossenschafts-, Vereins- oder Partnerschaftsregister verwies, in ein Vollregister, in das die wirtschaftlich Berechtigten eingetragen werden. Um das Register auch international zu nutzen und um aufzudecken, welche natürlichen Personen hinter international verschachtelten Unternehmensstrukturen stehen, sollen die europäischen Transparenzregister vernetzt werden.
Die Meldepflicht entfiel bisher, wenn die notwendigen Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten aus anderen elektronisch abrufbaren Registern ersichtlich sind. Diese Mitteilungsfunktion gilt zukünftig nicht mehr. Die Übermittlung der Angaben ist jetzt nach vorheriger Registrierung elektronisch über die Internetseite des Transparenzregisters unter Verwendung des dort verfügbaren Formulars vorzunehmen.
Einzutragen ist auch der wirtschaftlich Berechtigte (die natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle eine juristische Person, sonstige Gesellschaft oder eine Rechtsgestaltung letztlich steht). Wirtschaftlich berechtigte Person ist bei juristischen Personen jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar
· mehr als 25 % der Kapitalanteile hält,
· mehr als 25 % der Stimmrechte kontrolliert,
· auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt.
Bei rechtsfähigen Stiftungen jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Einfluss auf eine Vereinigung ausüben kann, die
· Mitglied des Vorstands der Stiftung ist oder die als Begünstigte der Stiftung bestimmt worden ist oder
· als Treugeber, Verwalter von Trusts oder Protektor handelt oder die als Begünstigte der Rechtsgestaltung bestimmt worden ist.
Die zwingende Eintragungspflicht (www.transparenzregister.de) besteht für
· juristische Personen des Privatrechts,
· eingetragene Personengesellschaften (nicht GbR) und
· nicht rechtsfähige Stiftungen und vergleichbare Rechtsgestaltungen.
Einzutragen sind:
· AG, SE, KGaA
· GmbH, Genossenschaft, SCE, PartG
· alle Übrigen (z. B. OHG, KG)
Anmerkung:
Der Bußgeldrahmen geht bis EUR 100.000,00.